Niederlande. (Juli 23.— September 20.) 379
die Befriedigung aus, daß der niederländischen Flagge die Küftenschifffahrt
in Deutschland wieder eröffnet sei, hebt hervor, daß das günstige Resultat
der Konversion der Staatsschuld den Staatskredit befestigt habe, und schließt
mit der Ankündigung von Gesetzentwürfen in betreff der Revision der Ver-
fassung, sowie anderer, bereits in der vorigen Session eingebrachter und eini-
ger dringender neuer Entwürfe.
23. Juli. Die zweite Kammer beantwortet die Thronrede
mit einer Adresse.
In derselben wird der Wunsch ausgedrückt, daß die Regierung den
Angelegenheiten von Holländisch= Indien ihre besondere Fürsorge widmen
möge. Eine andere Stelle spricht die überzeugung der Kammer aus, daß
die neue Verfassung eine Ausdehnung des Wahlrechtes enthalten werde und
daß dieselbe der nächsten Legislative in dieser Beziehung mehr Freiheit ein-
räumen möge.
25.—27. Juli. Aufruhr in Amsterdam.
Der Aufstand nimmt seinen Ausgang von dem Einschreiten der Po-
lizei gegen das sogenannte Palingtrakken (Aalziehen), welche Volksbelustigung
wegen der grausamen Tierquälerei seit längerer Zeit verboten ist. Am ersten
Abende werden die Widerspenstigen von der Polizei leicht zur Ruhe gebracht,
aber nachdem am folgenden Tage eine sozialistische Volksversammlung unter
Leitung von Domela Nieuwenhuis stattgefunden hat, beginnen seit längerer
Zeit von Agitatoren geplante Bewegungen bedrohlichster Art. Das Volk
baut Barrikaden, steckt die rote Fahne auf, bewaffnet sich und leistet dem
einschreitenden Militär so entschlossen Widerstand, daß sich ein mehrstündiger
blutiger Straßenkampf entspinnt, da die hauptsächlich in dem Stadtteil Jor-
dan ausgebrochene Bewegung auch da und dort in andern Stadtvierteln auf-
lodert. Zahlreiche Polizisten und Soldaten werden verwundet; erst nachdem
das Volk 22 Tote und einige 40 Verwundete verloren, gelingt es, die Be-
wegung niederzuwerfen. Am 28. ist die Ruhe völlig wieder hergestellt.
Die Sozialistenführer Fortuyn und van der Stadt werden
wegen Aufreizung des Volkes durch Broschüren verhaftet.
29. Juli. Zweite Kammer: Auf die Anfrage Beelagerts,
ob die Regierung auf Grund der bestehenden Gesetze in ausreichender
Weise sich für die Aufrechthaltung der Ordnung verbürgen könne,
erwidert Minister Heemskerk in bejahendem Sinne und fügt hinzu,
falls ein wirksamerer Schutz gegen die Angriffe böswilliger Leute,
welche das Volk ins Unglück stürzen wollen, sich als notwendig er-
weisen sollte, so werde die Regierung ihre Pflicht zu thun wissen.
2. August. Das „Dagblad van 's Gravenhage“ fordert die
Regierung auf, bei den europäischen Mächten die Vereinbarung
eines internationalen Gesetzes gegen die Sozialisten und
Anarchisten anzuregen.
20. September. Eröffnung der Kammern. Minnister-
präsident Heemskerk verliest die Thronrede; in derselben heißt es:
„Die Beziehungen zu allen fremden Mächten sind die freundschaft-
lichsten. Obwohl die Handelsstockung nicht ohne Einfluß blieb, ist doch der