VDie Gesterreichisch-Angerische Monartie. (März 12.) 193
zeichneten folgenden Schulantrag im Namen aller Bi-
schöfe ein:
Ihrer Pflicht entsprechend können die Unterzeichneten nicht umhin,
für katholische Kinder katholische öffentliche Volksschulen zu fordern und diese
Forderung in folgenden Punkten näher zu bestimmen: 1) Die öffentlichen
Volksschulen sind so auszugestalten, daß es den katholischen Kindern möglich
gemacht werde, dieselben in der Regel ohne Vermischung mit Kindern anderer
Konfessionen zu besuchen. 2) An katholischen öffentlichen Volksschulen haben
sämtliche Lehrer der katholischen Kirche anzugehören, sind für dieselben an
katholischen Lehrer-Bildungsanstalten auszubilden und haben auch die Be-
fähigung zur Erteilung des katholischen Religionsunterrichts zu erwerben.
3) Bei Anstellung der Lehrer an katholischen öffentlichen Schulen ist den
Organen der katholischen Kirche jene Einflußnahme zu gewähren, welche not-
wendig ist, um sich der entsprechenden Wirksamkeit des anzustellenden Be-
werbers zu vergewissern. 4) Der Religionsunterricht ist an diesen Schulen
durch Mitverwendung des Lehrers zu erweitern und der übrige Unterricht,
die Lehrpläne, sowie auch fsämtliche Lehr= und Lernmittel so einzurichten, daß
darin nicht nur nichts vorkomme, was für katholische Kinder anstößig wäre,
sondern alles in einheitlicher Beziehung zu dem katholischen Charakter der
Schule stehe. 5) Was die Beaussichtigung der katholischen Volksschulen und
Lehrer-Bildungsanstalten betrifft, so ist es der Kirche zu ermöglichen, deren
konsessionellen Charakter durch ordnungsmäßig von ihr bestellte Organe nach
allen Richtungen in wirksamer Weise zu wahren und zu fördern. Schließ-
lich erklären die Unterzeichneten, ohne hier das Gebiet politischer Erwägungen
zu berühren, sich bereit, in betreff der von ihnen gestellten Forderung mit
den kompetenten Faktoren sich des weiteren zu benehmen.
Wien, 12. März 1890.
Franz Kardinal v. Schönborn, Fürst-Erzbischof von Prag, Johannes Zwerger,
Fürstbischof von Seckau, Jacobus, Fürstbischof von Laibach.
Minister Gautsch erklärt bei der Wichtigkeit der Sache vor
jeder Antwort erst den Ministerrat hören zu müssen.
12. März. (Pest.) In der Konferenz der liberalen Partei
hält Tisza, aufs lebhafteste begrüßt, eine Rede, in welcher er be-
tont, das Verdienst der liberalen Partei sei der konsolidierte par-
lamentarische Zustand Ungarns, aus welch letzterem überall der
Glaube an die Konsolidierung der Verhältnisse Ungarns hervor-
gegangen sei; ferner, welche Vorteile sich ergäben, wenn die Regie-
rung und die der Regierung freundliche Partei die gleiche Führung
haben; er bitte ihn als gemeinen Soldaten anzunehmen. Der un-
garische Staat und die ungarische Nation hätten nichts nötiger als
eine Regierung und eine Partei, welche der Tyrannei der Minder-
heit widerstehen könne. (Langanhaltender Beifall.) Moritz Jokai
weist auf das seltene Beispiel hin, daß ein Kabinetschef, welcher
die Mehrheit im Parlamente besitze, zurücktrete, hebt Tiszas patrio-
tische Charakterstärke und staatsmännische Einsicht hervor und be-
tont dessen unerschüttertes Festhalten an dem wahren Liberalismus
Europ. Geschichtskalender. Bd. XIXIxI. 13