Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Sechster Jahrgang. 1890. (31)

196 Die Oesterreihish-Angarische Monarhie. (April 10. - 18.) 
weinschenken werden die Fässer zerschlagen und der ausfließende 
Branntwein angesteckt, wodurch die Verkaufslokale in Brand ge- 
raten. Die Polizeimannschaft wird angegriffen. Zwei Schwadronen 
Kavallerie und ein Bataillon Infanterie besetzen den bedrohten 
Stadtteil. Es erfolgen 37 Verhaftungen. Mehrere Zivilisten und 
zehn Schutzmänner find verletzt, darunter einige schwer. 
10. April. Berliner Mitteilungen des „Pester Lloyd“ mel- 
den, daß der Meinungsaustausch zwischen Caprivi und 
Kalnoky ungemein spezialisiert gewesen sei und das rückhaltloseste 
Einvernehmen über alle die Bündnispolitik berührenden auswärtigen 
Fragen ergeben haben, so daß selbst an jenen Stellen, wo eine 
Lockerung der deutsch-österreichischen Beziehungen nicht ungern ge- 
sehen worden wäre, jetzt jeder Gedanke an einen solchen Wechsel 
der Dinge aufgegeben wird. 
Insbesondere stellte der Notenaustausch fest, daß die bisherige Orient- 
politik der Donaumonarchie eine wirksame Stütze auch der deutschen Inter- 
essen gebildet hat und auch zukünftig bilden wird. Die vollkommene Selb- 
ständigkeit dieser Politik wurde von Caprivi ebenso wie früher von Bismarck 
als Voraussetzung des Bündnisses acceptiert; sie findet ihr Gegenstück in der 
Bewegungsfreiheit Deutschlands gegenüber Frankreich. 
14. April. Die deutsch-böhmische Ausgleichskonferenz 
tritt zusammen. 
17. April. (Schlesien.) Im Ostrau-Karwiner Revier 
bricht ein allgemeiner Streik aus. Die Ostrauer Arbeiter über- 
fallen nachts die Zuckerfabrik in Großkützendorf und die Cellulose- 
fabrik in Ratimau und erzwingen daselbst die Betriebseinstellung. 
Das Militär schreitet ein; nach heftigen Unruhen werden die Rä- 
delsführer verhaftet. 
17. April. (Wien.) In der Schlußsitzung der Ausgleichs- 
Nachkonferenz konstatiert Ministerpräsident Graf Taaffe, 
daß ein völliges Einverständnis über die Gesetzentwürfe betreffend den 
Landeskulturrat, den Landesschulrat, die Minoritätsschulen und die Landtags- 
kurien erzielt worden sei. Dem böhmischen Landtag werde demnächst ein 
neuer Gesetzentwurf über die Wahlordnung für den Allodial-Großgrundbesitz 
unter Berücksichtigung der allerseits vorgebrachten Wünsche zugehen. Die 
Abgeordneten v. Plener, Rieger u. a. sprechen dem Grafen Taaffe den Dank 
aus für die Wiedereinberufung der Konferenz, durch deren fertiggestellte Gesetz- 
entwürfe die Arbeiten des böhmischen Landtags in ersprießlicher Weise ge- 
fördert würden. 
18. April. (Abgeordnetenhaus.) Der Finanzminister 
Dunajewski erklärt, der böhmische Ausgleich habe nur eine 
provinzielle Bedeutung; die Regierung denke nicht daran, die all- 
gemeine Richtung ihrer Politik zu ändern. Plener erklärt darauf, 
  
 
	        
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