Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Sechster Jahrgang. 1890. (31)

198 Vie Oesterreithhisch-Angarische Manarthie. (April 23. — Mai 9.) 
fich nicht slawisieren lassen wollen. Er nimmt zu angenehmer 
Kenntnis, daß die Jungtschechen keine prinzipiellen Gegner des 
Ausgleiches seien. Zu den Ausgleichskonferenzen seien Persönlich- 
keiten gewählt worden, von denen Entgegenkommen für die Sache 
zu erwarten war. 
23. April. Es fallen in Biala schwere Erxzesse seitens 
4000 Arbeiter vor. Das einschreitende Militär wird provoziert 
und muß von der Feuerwaffe Gebrauch machen. Mehrere Personen 
werden getötet, viele verwundet. 
24. April. (Wien.) Das Abgeordnetenhaus lehnt mit 112 
gegen 93 Stimmen die von Herbst befürwortete Resolution auf 
Aufhebung der Ausnahmsverordnungen gegen anarchistische 
Umtriebe ab. 
26. April. (Pest.) Die österreichisch-ungarische Zollkonferenz 
tritt zusammen. 
29. April. (Wien: Abgeordnetenhaus.) Bei der Be- 
ratung des Budgettitels Mittelschulen erklärt Unterrichtsminister 
v. Gautsch bezüglich der Bestrebungen auf Einschränkung des klas- 
sischen Sprachenunterrichtes und Erweiterung der realistischen Fächer: 
Wenn er auch offen und rückhaltlos die Fehler der bestehenden Unter- 
richtsmethode in den klassischen Sprachen zugebe, so könne er sich doch in 
dem großen Kampfe zwischen Realismus und Humanismus nur auf die Seite 
des letzteren stellen. Die Staatsverwaltung müsse unter den gegebenen Ver- 
hältnissen umsomehr an der humanistischen Richtung für die Gymnasien fest- 
halten, als in den letzten Dezennien für die Pflege der realistischen Richtung 
in überreichem Maße durch Kunst-Gewerbe-, Staats-Gewerbe= und Fachschulen, 
sowie kommerzielle und Fortbildungsschulen vorgesorgt worden sei. 
29. April. In Frankstadt fallen ernste Ausschreitungen 
vor. Ein Arbeiterhaufe demoliert eine Fabrik, die Warenvorräte 
werden zerstört. Das eingerückte Militär stellt die Ruhe wieder her. 
1. Mai. In Proßnitz wird bei der Einlieferung der am 
vorhergehenden Tage verhafteten Unruhestifter das Gefängnis von 
4000 Arbeitern gestürmt. Das Militär greift ein. 
In den größeren Städten der Monarchie geben die Arbeiter- 
demonstrationen nicht zu nennenswerten Unruhen Anlaß. 
1. Mai. (Carlowitz.) Der serbische Kirchenkongreß 
wählt den Temesvarer Bischof Brankovics, den Kandidaten der 
Nationalpartei, mit 41 Stimmen zum Patriarchen der orthodoxen 
Serben in Oesterreich-Ungarn. 
9. Mai. (Budapest.) Das Unterhaus nimmt die Vorlage,
	        
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