Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Sechster Jahrgang. 1890. (31)

Die Gesterreichisch-Angarische Monarchie. (Juni 11.—Juli 21.) 203 
fähig sei. Das vorgelegte Budget sei das äußerste Minimum, unter welches 
die Regierung nicht herabgehen könne. 
11. Juni. In der ungarischen Delegation betont Graf 
Kalnoky weiter bei der Erörterung der bulgarischen Anerkennungs- 
frage, indem er gleichzeitig der Ansicht Csernatonys von der Un- 
vermeidlichkeit eines großen Krieges entgegentritt, daß, je größer 
die Gefahr, eine desto vorsichtigere Behandlung von Fragen geboten 
sei, welche der Mehrzahl der anderen Mächte fernliegen. Bezüglich 
Italiens erklärt sich der Minister erfreut, der steten freundschaft- 
lichen Uebereinstimmung mit dem italienischen Verbündeten gedenken 
zu können, mit welchem ein Verhältnis des Vertrauens, sowie eine 
Gemeinsamkeit des Bestrebens hergestellt sei, welche den beiderseitigen 
Friedenszielen nur förderlich sein könne. 
11. Juni. Der Heeresausschuß der ungarischen Dele- 
gation nimmt folgende Resolution an: 
Gegenüber der Erklärung des Kriegsministers, daß er es für unver- 
meidlich halte, sich mit der Erhöhung des Friedenspräsengstandes des Heeres 
zu befassen, legt der Ausschuß das größte Gewicht auf die Berücksichtigung 
der Finanglage, und hat das Bedenken, daß die Erhöhung mit den gegen- 
wärtigen finanziellen Verhältnissen des Landes kaum vereinbarlich sei. Der 
Ausschuß nimmt jedoch keine Stellung, weil der Kriegsminister erklärte, daß 
die Frage noch nicht vorbereitet und kein positiver Plan vorgelegt sei. 
19. Juni. Die österreichische Delegation nimmt das 
Ordinarium und das Extraordinarium des Heeresbudgets an. Im 
Verlaufe der Debatte erklären die Redner aller Parteien, das Budget 
im Interesse der Machtstellung des Reiches zu bewilligen. 
23. Juni. Plenarsitzung der ungarischen Delegation. 
Sektionschef v. Szögyenyi-Marich bemerkt, was Serbien betreffe, 
so habe an der dortigen Situation die beruhigende Aeußerung des 
Gesandten Simitsch recht wenig geändert; die Regierung beobachte 
wachsamen Auges die Ereignisse in Serbien; weiter zu gehen, liege 
kein Anlaß vor. 
28. Juni. (Ungarische Delegation.) Präsident Graf 
Ludwig Tisza betont in seiner Schlußrede, die ungarische Dele- 
gation erblicke im Bestande des Dreibundes die vorwiegendste Frie- 
densgarantie. Bei Votierung des Heeresbudgets sei sich die Dele- 
gation bewußt gewesen, daß selbst der teuerste Frieden weniger 
HOpfer erheischt als der billigste Krieg. Für die Unverletzlichkeit 
des Ansehens des Thrones sei jeder Ungar stets zu Opfern bereit. 
Unter begeisterten Eljenrufen erfolgt der Sessionsschluß. 
21. Juli. Der italienische Verein „Pro Patria“ in
	        
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