Gresbritannien. (Mai 3.—Juni 12.) 225
3. Mai. (Dublin.) Infolge Vermittlung des Bischofs
Walsh wird der Streik auf der irischen Eisenbahn beendigt.
Mai. Aufenthalt Stanleys in London.
13. Mai. In der Guild-Hall überreicht der Lordmayor ihm
in einem prachtvollen Etui das Dokument, welches ihm das Bür-
gerrecht Londons verleiht. Stanley hält eine Rede, in welcher er
die Haltung der englischen Presse tadelt, die eine große Aktion
Englands am Kongo und in Ostafrika verhindert habe. England
habe den Kongo und Ostafrika erhalten müssen, jetzt besitze Belgien
den Kongo mit hundertprozentigem Nutzen und die Deutschen den
größten Teil OÖstafrikas. Er bewundere die Thatkraft und Klarheit
des Kaisers Wilhelm, und rühme die Thätigkeit des Majors Wiß-
mann, der nicht gegen Friedensvereine und eine verweichlichte Presse
zu kämpfen habe. Gegen Emins Eintritt in deutsche Dienste lasse
sich nichts sagen, zumal der Freibrief der Britisch-Ostafrikanischen
Gesellschaft nicht gestatte, Emin zu engagieren.
16. Mai. (Oberhaus.) Der Marquis von Salisbury
erklärt mit Beziehung auf Nachrichten, welche die Berliner „Kreuz-
zeitung“ gebracht:
Es sei eine absolute Erfindung, daß Deutschland im Jahre 1888
England peremptorisch aufgefordert habe, einen Offensiv= und Defensivvertrag
abzuschließen und der Tripelallianz beizutreten. Diese Forderung sei nie
gestellt worden; nie sei eine Entfremdung in den Beziehungen mit Deutsch-
land vorgekommen; die Beziehungen beider Länder seien stets herzliche gewesen.
22. Mai. (Unterhaus.) Bei der Debatte über die Kredite
des Ausgabeetats lehnt Fergusson eine Diskussion über die Unter-
handlungen mit Deutschland hinsichtlich Afrikas ab, stellt je-
doch in Abrede, daß England in Opfer gewilligt habe.
Man müsse anerkennen, daß andere Nationen ähnliche Bestrebungen
wie England haben und dieselben achten, und nur sehen, daß England wirk-
liche Interessen nicht vernachlässige, und wo es Rechte habe, diese nicht auf-
gebe. Die Unterhandlungen würden in dem freundlichen Geiste, mit der
gegenseitigen Achtung und dem gegenseitigen Vertrauen geführt, welche sich
auf frühere und durch den merkwürdigen Erfolg der Operation Englands
und Deutschlands an der Ostküste Afrikas gekrönte Erfahrungen stützen; die
Frage hinsichtlich Lamus sei durch Schiedsspruch zu Gunsten England ent-
schieden worden; hinsichtlich Mandas und Pattas bestehe die jetzige Politik
Deutschlands und Englands in gegenseitiger Enthaltung.
12. Juni. (Unterhaus.) Unterstaatssekretär Fergusson
erklärt, Portugal habe den gemeinschaftlichen Vorschlag Englands
und Amerikas, die Frage der Delagoa-Eisenbahn einem Schieds-
spruche zu unterbreiten, im Prinzipe angenommen.
12. Juni. Infolge der Drohung eines Streiks der Poli-
Europ. Geschichtskalender. Bd. XXXI. 15