242 Frantreich. (Juni 4.—19.)
4. Juni. Der Marquis de Mores wird vom Zuchtpolizei-
gericht wegen Aufreizung zu Ansammlungen anläßlich der Demon-
stration vom 1. Mai zu drei Monaten Gefängnis verurteilt.
5. Juni. Der Herzog von Orleans erläßt ein Manifest
an die Rekruten seiner Altersklasse, in welchem er erklärt, er ver-
zichte nicht auf die Hoffnung, dem Vaterlande zu dienen.
5. Juni. (Kammer.) Der sozialistische Deputierte Dumay
verlangt, die Regierung wegen der Freilassung des Herzogs
von Orleans zu interpellieren.
Er verlangt zu wissen, von welchen Erwägungen sich die Regierung
bei der Begnadigung des Herzogs hätte leiten lassen, während Familienväter
die Opfer einer fehlerhaften Organisation seien, wie sich aus der Verhaftung
der russischen Nihilisten ergebe. Es sei dies eine reaktionäre Politik. Frey-
cinet erwiderte, der Gedanke zur Freilassung des Herzogs von Orleans sei
dem Präsidenten Carnot gekommen, als er auf seiner jüngsten Reise bei
Clairvaux vorüberkam. Die Politik sei dieser Maßregel vollständig fremd.
Die Republik sei stark genug, um nicht vor einem derartigen Akte der Milde
zurückzuschrecken. Es seien erst kürzlich Begnadigungen für Streikvergehen
erfolgt, und weitere Begnadigungen würden demnächst folgen. De Freycinet
verlangt Annahme der einfachen Tagesordnung, welche mit 313 gegen 194
Stimmen von der Kammer angenommen wird.
7. Juni. Im Ministerrat unterzeichnet Präsident Carnot
auf den Vorschlag des Justizministers Fallieres ein Dekret, durch
welches 72 Individuen, die aus Anlaß von Streiks verurteilt
worden sind, ganz oder teilweise begnadigt werden; nur 24 In-
dividuen, meistens schwer gravierte Ausländer, bleiben im Ge-
fängnis.
10. Juni. (Paris.) Die Sozialisten halten unter dem
Vorsitz des Abg. Ferrouls eine große Versammlung ab und erheben
darin gegen die Verhaftung russischer Studenten Protest.
In leidenschaftlicher Rede verurteilt Jules Vaillant das Vorgehen
des Ministers Constans und fordert für die Russen das Recht, sich
vom Joche des Zaren selbst mit Hilfe von Dynamit zu befreien.
10. Juni. Die französische Regierung beschließt, die brasi-
lianische Republik anzuerkennen, nachdem die brasilianische
Regierung der schiedsgerichtlichen Entscheidung über die streitigen
Gebiete zwischen Französisch-Guyana und Brafilien, der Aufhebung
des Ausgangszolls auf Kautschuk und der Regelung der Fremden-
frage zugestimmt hat.
19. Juni. Der Oberhandelsrats beschließt, daß die alten
Handelsverträge (zum Jahre 1892) sämtlich zu kündigen, neue
auf gleicher Basis mit langer Zeitdauer nicht abzuschließen, und