Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Sechster Jahrgang. 1890. (31)

Schweiz. (Okt. 5. Dez. 11.) 265 
flüchteten Mörders des Staatsrates Rossi, Castioni, wird gefor- 
dert, aber von England verweigert. 
5. Oktober. Die Volksabstimmung in Tessin über die Re- 
vision der bisherigen Verfassung ergibt mit 94 Stimmen 
Mehrheit einen Sieg der Liberalen. 
9. Oktober. Ein Bundesbeschluß (durch National= und 
Ständerat) bezüglich des Vorgehens der Bundesexekution im 
Tessin kommt in folgender Form zu stande: 
„Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach 
Einsicht einer Botschaft des Bundesrats vom 22. und der Erklärung des- 
selben vom 29. September 1890, beschließt: 1. Die vom Bundesrat im Tessin 
getroffenen Maßnahmen werden genehmigt. 2. Der Bundesrat wird ermäch- 
tigt, diese Maßnahmen provisorisch aufrecht zu erhalten und wenn nötig, 
den Bestand der Okkupationstruppen zu vermehren. Er wird eingeladen, 
seine Anstrengungen fortzusetzen, um den Kanton Tessin baldmöglichst einem 
verfassungsmäßigen Zustande entgegenzuführen, welcher die nötigen Garantien 
für die Aufrechthaltung des Friedens und der öffentlichen Ordnung bietet. 
3. Der Bundesrat wird mit der Ausführung dieses Beschlusses beauftragt." 
12. Oktober. Die ehemalige Tessiner Regierung wird 
seitens des Bundesrates wieder eingesetzt, doch unter Aufsicht des 
Bundeskommissars gestellt. 
16. Oktober. (Bern.) Eine Kommission von Bevollmäch- 
tigten beider Tessiner Parteien tritt unter Vorsitz des Bundes- 
rates Ruchonnet zusammen, bleibt jedoch resultatlos. 
22. November. Der Bundeskommissar Oberst Künzli erzielt 
im Tessin eine Verständigung beider Parteien. Bei den Wahlen 
soll künftig eine proportionale Vertretung beider angestrebt werden. 
8. Dezember. Der Bundeskommissar Oberst Künzli im 
Tessin übergibt die Geschäfte der einheimischen Regierung, 
welche aus drei Klerikalen und zwei Liberalen besteht. 
8. Dezember. Der Nationalrat nimmt ein Gesetz wegen Aus- 
lieferung politischer Verbrecher in folgender Form an: 
Wegen politischer Verbrechen und Vergehen wird die Auslieferung 
nicht bewilligt. Die Auslieferung wird bewilligt, obgleich der Thäter einen 
politischen Beweggrund oder Zweck vorschützt, wenn die Handlung, um deren 
willen die Auslieferung verlangt wird, vorwiegend den Charakter des ge- 
meinen Verbrechens oder Vergehens hat. Das Bundesgericht entscheidet im 
einzelnen Falle über die Natur der strafbaren Handlung auf Grund des 
frei zu ermittelnden Thatbestandes. Wenn die Auslieferung bewilligt wird, 
so stellt der Bundesrat dem ersuchenden Staat die Bedingung, daß der Aus- 
zuliefernde wegen seines politischen Beweggrundes oder Zweckes nicht strenger 
behandelt werden dürfe. 
11. Dezember. Zum Bundespräsidenten für 1891 wird 
Welti gewählt.
	        
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