268 Belgien. (April 23. — Juni 3.)
das öffentliche Wohl zu sorgen, und mein Gewissen sagt mir, daß mein
Bestreben nicht erfolglos sein kann. Die Erfolge, die ich durch zehn Jahre
in Afrika errungen, bieten dem Königreich die Gelegenheit, seine inter-
nationale Bedeutung und seinen Reichtum zugleich zu erhöhen. Ich werde
nie vergessen, daß Belgien mich in meinem Unternehmen schon zweimol
großmütig unterstützte. Wenn der männliche Unternehmungsgeist die Völker
zu Fortschritt und Glück führt, so bringen Unentschlossenheit und Halbheit
moralische wie physische Entnervoung. Möge mein Vaterland vor einem
solchen Schicksal bewahrt bleiben!“
23. April. (Brüssel: Kammersitzung.) Finanzminister
Beernaert sagt, der König habe bei dem gestrigen Festbankett eine
sehr deutliche Anspielung auf den Plan gemacht, Belgien den
Kongostaat zu vermachen.
29. April. In der Repräsentantenkammer wird bei der Be-
ratung des Budgets des Justizministeriums, durch Mitglieder der
Linken angeregt, eine Diskussion über die Nieter'sche Veröffentlichung
von Schriftstücken beendet. Die von der Rechten beantragte einfache
Tagesordnung wird mit 72 gegen 30 Stimmen angenommen.
1. Mai. Die Demonstrationen der Arbeiter führen in
Tourcoing und Roubaix zu andauernden Massenstreiks (angeblich
120,000 Arbeiter).
10. Mai. In der Sitzung der Antisklaverei-Konferenz
legt der belgische Generalsekretär des Auswärtigen, Baron Lamber-
mont, einen Antrag vor betreffs Revision der Bestimmungen der
Generalakte der Konferenz vom Jahre 1885, durch welche
für das Kongo-Bassin vollständige Handelsfreiheit festgesetzt wurde.
Nach dem vorgelegten Antrage sollen diejenigen Staaten, welche
Ländergebiete im Kongo-Bassin besitzen, ermächtigt sein, von allen
eingeführten Waren Wertzölle zu erheben. Die Bevollmächtigten
Englands unterstützen den Antrag sehr warm. Die Bevollmächtigten
Deutschlands, Italiens, Frankreichs und Portugals acceptieren den
Antrag zwar im Prinzip, behalten jedoch ihren Regierungen alle
und jede Entscheidung vor.
3. Juni. Die Bevollmächtigten Deutschlands, Oester-
reichs, Englands, Frankreichs, Spaniens, Italiens, Por-
tugals, Schwedens, Rußlands und Dänemarks teilen mit,
der Antrag habe die volle Zustimmung ihrer Regierungen gefunden.
Der Delegierte der Niederlande erklärte, er könne den Absichten
seiner Regierung nicht vorgreifen, die Sympathien seiner Regierung
für das Kongo-Becken seien jedoch die gleichen, wie diejenigen der
Regierungen der anderen Konferenzmitglieder.