Rußland. (März 13. — April 18.) 283
6. März. Der Präsident der serbischen Skupschtina Pa-
schitsch wird vom Kaiser empfangen und mit einem Orden de-
koriert.
13. März. Nach einer offiziellen Bekanntmachung soll die
in der Wehrpflichtordnung vorgesehene Einberufung der Land-
wehrleute erster Kategorie zu Uebungsversammlungen künftig
alljährlich erfolgen, und zwar in den Jahren 1890 und 1891 auf
je vier Wochen.
13. März. Westeuropäische Journale melden, eine Frau,
namens Zebrikowa, habe an den Zaren einen Brief gerichtet,
in welchem sie die gewaltsamen Polizeimaßregeln und die reaktio-
näre Gesetzgebung des Grafen Tolstoi heftig angreift und die Ein-
führung rechtlicher Zustände und einer konstitutionellen Verfassung
in Rußland fordert.
21. März. Das „Journal de St. Petersbourg“ sagt in einem
Dementi der Nachricht eines österreichischen Blattes über eine rus-
sische Truppenansammlung an der afghanischen Grenze,
es herrsche dort vollkommene Ruhe, nichts lasse eine Ruhestörung
befürchten; die Nachricht sei übrigens nur eine Spekulation zur
Schädigung der russischen Werte, um so mehr, als sie zu einer Zeit
verbreitet wurde, wo eine russische Kreditoperation bevorstand.
22. März. Das „Journal de St. Petersbourg“ meint, auch
beim Rücktritt des Fürsten Bismarck könne von einer ver-
änderten auswärtigen Politik nicht die Rede sein. Das Journal
verweist auf die Worte des Kaisers, welche diese konsequente Frie-
denspolitik hervorheben.
Anfang April brechen unter den Studenten aller Uni-
versitäten (außer Dorpat), sowie anderer Hochschulen Unruhen
aus, die sich gegen die polizeiliche Unterdrückung und das jede freie
wissenschaftliche Bewegung hindernde Statut von 1885 richten. Es
kommt zu öfterem Einschreiten der Kosaken, welche die Studenten
mit Peitschen auseinandertreiben, und zur Schließung mehrerer
Lehranstalten.
Anfang April. Die städtischen lutherischen Konsistorien
in Reval und Riga werden aufgehoben; die übrigen Konsistorien
angewiesen, mit den Geistlichen nur russisch zu korrespondieren.
18. April. Ein kaiserlicher Tagesbefehl spricht dem Geschäfts-
führer der Kanzlei des Mobilmachungskomitees des Generalstabs,
Oberstlieutenant Harf, die allerhöchste Belobigung aus, da dieser