Das denishe Reith und seine einzeluen Glieter. (Mai 14.) 79
einem oder in zwei Feldzügen so vollständig niedergeworfen werden, daß sie
sich sür überwunden erklärte, daß sie auf harte Bedingungen hin Frieden
schließen müßte, daß sie sich nicht wieder aufrichten sollte, wenn auch erst
nach Jahresfrist, um den Kampf zu erneuern. Meine Herren, es kann ein
fiebenjähriger, es kann ein dreißigjähriger Krieg werden, — und wehe dem,
der Europa in Brand steckt, der zuerst die Lunte in das Pulverfaß schleudert!
Nun, meine Herren, wo es sich um so große Dinge handelt, wo es
sich handelt um das, was wir mit schweren Opfern erreicht haben, um den
Bestand des Reiches, vielleicht um die Fortdauer der gesellschaftlichen Ordnung
und der Zivilisation, jedenfalls um Hunderttausende von Menschenleben, da
kann allerdings die Geldfrage erst in zweiter Linie in Betracht kommen, da
erscheint jedes pekuniäre Der im voraus gerechtfertigt.
Es ist ja richtig, was hier mehrfach betont worden, daß der Krieg
selbst Geld und abermals Geld fordert, und daß wir unsere Finanzen nicht
vor der Zeit zu Grunde richten sollen. Ja, meine Herren, süten wir die
sehr großen Ausgaben nicht gemacht für militärische Zwecke, für welche der
Patriotismus dieses Hauses und der Nation die Mittel gewährt hat, so
würden allerdings unsere Finanzen heute sehr viel günstiger liegen, als es
gegenwärtig der Fall ist. Aber, meine Herren, die glänzendste Finanzlage
hätte nicht verhindert, daß wir bei mangelnden Widerstandsmitteln heute
am Tage den Feind im Lande hätten; denn lange schon und auch jetzt noch
ist es nur das Schwert, welches die Schwerter in der Scheide zurückhält.
Der Feind im Lande — nun, wir haben das zu Anfang des Jahrhunderts
sechs Jahre lang getragen, und Kaiser Napoleon konnte sich rühmen, aus
dem damals kleinen und armen Lande eine Milliarde herausgepreßt zu haben
— der Feind im Lande würde nicht viel fragen, ob Reichsbank oder Privat-
bank. Sahen wir doch im Jahre 13, als er schon im vollen Abzuge war,
wie in Hamburg — damals eine französische Stadt — ein französischer
Marschall zum Abschied die Hamburger Bank in die Tasche steckte. Der
Feind im Lande würde schnell mit unseren Finanzen aufräumen. Nur ein
waffenstarkes Deutschland hat es möglich ehen können, mit seinen Ver-
bündeten den Bruch des Friedens so lange Jahre hindurch hinzuhalten.
Meine Herren, je besser unsere Streitmacht zu Wasser und Lande
organisiert ist, je vollständiger ausgerüstet, je bereiter für den Krieg, um so
eher dürfen wir hoffen, vielleicht den Frieden noch länger zu bewahren oder
aber den unvermeidlichen Kampf mit Ehren und Erfolg zu bestehen.
Meine Herren, alle Regierungen, jede in ihrem Lande, stehen Auf-
gaben von der höchsten sozialen Wichtigkeit gegenüber, Lebensfragen, welche
der Krieg hinausschieben, aber niemals lösen kann. Ich glaube, daß alle
Regierungen aufrichtig bemüht sind, den Frieden zu halten — fragt sich
nur, ob sie stark genug sein werden, um es zu können. Ich glaube, daß in
allen Ländern die bei weitem überwiegende Masse der Bevölkerung den
Frieden will, nur daß nicht sie, sondern die Parteien die Entscheidung haben,
welche sich an ihre Spitze gestellt haben.
Meine Herren, die friedlichen Versicherungen unserer beiden Nachbarn
in Ost und West — während übrigens ihre kriegerischen Vorbereitungen
unausgesetzt fortschreiten — diese friedlichen und alle übrigen Kundgebungen
find gewiß sehr wertvoll; aber Sicherheit finden wir nur bei uns selbst.
(Wiederholtes lebhaftes Bravo.)
Im Laufe der Diskussion, in der namentlich die Abgeord-
neten Richter und Windthorst sprechen, macht der Kriegsminister
eine Andeutung, daß er in der Kommission einen Organisations-
plan vorlegen werde.