Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Achter Jahrgang. 1892. (33)

134 Das Deutsche Reithh und seine einzelnen Glieder. (Sept. 8.—14.) 
5. September. In Köln bildet sich ein Verein zur „Mil- 
derung der Sonntagsruhe“. Der Verein hat folgende Petition 
an den Bundesrat gerichtet: 
„Die Lehrlings= und Gehilfenfrage wird von uns nicht angefochten. 
Die meisten Kölner Ladenbesitzer führen ihr Geschäft ohne fremdes Personal 
mit Hilfe der Familienglieder, kommen den Verpflichtungen der Religion 
pünktlich nach und mühen sich redlich ab, ihre Verbindlichkeiten zu erfüllen. 
Das neue Gesetz lähmt ihre Thätigkeit und ist nur geeignet, bei verringerten 
Einnahmen, zur Schädigung der guten Sitten, Vergnügungssucht zu er- 
wecken. Mancher, der früher für eine vermehrte Sonntagsruhe eintrat, 
hält gegenwärtig eine gründliche Revision des Gesetzes für erforderlich. 
Wir unterzeichneten, schwer geschädigten Geschäftsleute Kölns, welche weder 
im Reichstage noch in der Handelskammer eine besondere Vertretung haben, 
erlauben uns, ganz ergebenst zu ersuchen, die Streichung des Passus im 
Gesetze: Insoweit nach den vorstehenden Bestimmungen Gehilfen, Lehrlinge 
und Arbeiter im Handelsgewerbe an Sonn= und Festtagen nicht beschäftigt 
werden dürfen, darf in offenen Verkaufsstellen ein Gewerbebetrieb an diesen 
Tagen nicht stattfinden (§ 41a) — demnächst zu beantragen. 
8. September. Der „Reichsanzeiger"“ veröffentlicht folgen- 
den Erlaß: 
Nachdem die Cholera von dem Auslande her auch in unserem 
Vaterland Eingang gefunden hat, und da die Ansammlung großer Menschen- 
massen besonders geeignet ist, die Epidemie zu verbreiten, so habe Ich in 
landesväterlicher Fürsorge angeordnet, daß die diesjährigen Großen Ma- 
növer des VIII. und XVI. Armeekorps im Hinblick auf die damit für die 
Truppen und die Bevölkerung verbundene Gefahr nicht stattfinden. So 
lebhaft Ich Mich gefreut haben würde, bei diesem Anlaß wiederum die 
Rheinprovinz zu besuchen und mit einem Teile ihrer treuen Einwohnerschaft 
in nähere Berührung zu kommen, so muß Ich Mir diese Freude für jetzt 
versagen. Ich thue es aber in der zuversichtlichen Hoffnung, daß Meine 
Entschließung mit Gottes Hilfe dazu beitragen wird, ein weiteres Umsich- 
greifen der verheerenden Seuche zu verhindern. Sie wollen diesen Erlaß 
alsbald zur öffentlichen Kenntnis bringen. 
Marmor-Palais, den 5. September 1892. Wilhelm R. 
An den Ober-Präsidenten der Rheinprovinz. 
9. September. Abgeordneter v. Meyer-Arnswalde f. 
13. September. Die Kaiserin wird von einer Prinzessin 
entbunden. 
14. September. Der „Reichsanzeiger“ veröffentlicht einen 
Erlaß über die Titel- und Rangverhältnisse der Leiter und Lehrer 
an den höheren Unterrichtsanstalten, wonach sämtliche ordent- 
lichen Lehrer an den höheren Lehranstalten den Titel Oberlehrer, 
der dritte Teil derselben den Titel Professor erhalten sollen. 
Mitte September. Professor Virchow sendet dem Stadt- 
haupt von Moskau, Herrn Alexejew, nachstehendes Schreiben: 
„Bei der Rückkehr in die Heimat fühle ich das Bedürfnis, nochmals 
der zahlreichen Beweise herzlicher Zuneigung und Achtung zu gedenken, die 
 
	        
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