Das Dentsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Okt. 8.—27.) 137
8. Oktober. (Weimar.) Der Großherzog und die Groß-
herzogin von Sachsen-Weimar feiern das Fest der goldenen Hoch-
zeit. Der Kaiser ist dazu anwesend.
11.—13. Oktober. Kaiser Wilhelm in Wien; vgl. Oesterreich.
12. Oktober. Lothar Bucher in Glion am Genfer-See f.
Mitte Oktober. (München.) Der Regent zieht bei dem Cercle
im Königszelt auf der Festwiese mehrere Herren des Magistrats,
speziell den Magistratsrat und Abgeordneten Biehl, in ein politisches
Gespräch und spricht hierbei den Wunsch aus: „Die staatserhalten-
den Parteien sollten sich bei der kommenden Landtagswahl zu-
sammenfinden.“
15. Oktober. Der Stadtverordnetenvorsteher von Berlin
Dr. Stryck legt sein Amt nieder mit folgendem Schreiben:
„Als infolge meiner in der geheimen Sitzung vom 22. Sept. d. J.
gegebenen Erklärungen, betreffs der Unterredung mit dem Herrn Oberprä-
sidenten über die Wahl eines ersten Bürgermeisters unserer Stadt sich in
einem Teil der Presse und der Bürgerschaft die Auffassung geltend machte,
daß ich schon durch die Gewährung dieser Unterredung gegen die mit dem
Amte des Stadtverordneten-Vorstehers verbundenen Pflichten verstoßen, diese
aber durch den Inhalt derselben gröblich verletzt habe, da war mein erster
Gedanke, das mir seit dem Jahre 1886 übertragene Amt eines Vorstehers
der Stadtverordneten-Versammlung niederzulegen, sobald obige Auffassung
in einer nennenswerten Zahl der Stadtverordneten Platz greifen würde. Da
die beiden liberalen Gruppen über die Angelegenheit verhandelten, so mußte
selbstverständlich das Resultat dieser Verhandlungen abgewartet werden.
Dasselbe ist bekannt und konnte mich nicht veranlassen, vom Amt zurück-
zutreten. Weil ich jedoch fort und fort von einem, wenn auch nur kleinen
Teil der Bürgerschaft des Verrates an der Selbstverwaltung, sowie der Ver-
letzung meiner Pflichten als Vorsteher beschuldigt werde, wodurch schließlich
das Amt selbst herabgedrückt werden und in Gefahr kommen kann, an seiner
Würde zu verlieren, so sehe ich mich veranlaßt, hiermit das Amt eines
Vorstehers niederzulegen, indem ich der Versammlung für das mir erwiesene
Vertrauen während meiner sechsjährigen Geschäftsführung meinen tief-
gefühlten Dank ausspreche. Berlin, den 15. Oktober 1892. Hochachtungs-
vo ryck.“
19. Oktober. Reichstagsersatzwahl in Kehlheim. Johann
Rauchenecker-Hohentann erhält 4218, Redakteur Dr. Sigl-München
4094 Stimmen.
21. Oktober. Der Bundesrat beschließt, der Resolution des
Reichstages über das Beschwerderecht der Militärpersonen
seinerseits keine Folge zu geben.
26. Oktober. (Leipzig.) Bernhard Windscheid f.
27. Oktober. (Berlin.) Der Stadtverordnete Dr. Stryck
wird zum Stadtverordnetenvorsteher wiedergewählt mit 61 gegen
59 Stimmen.