Die Oesterreihhisch-Angarische Menarchie. (Februar 8. —20.) 215
Börsenkammer hervor, daß die Bewegung vom Ausland hereingetragen
worden sei. Die Staatsanwaltschaft sei nur zur Beurteilung der strafrecht-
lichen Seite berufen, habe aber nicht zu urteilen, ob selbst eine schlaue Be—
nützung wahrer oder vermeintlicher Thatsachen vor dem Forum der Moral
stand halte.
8. Februar. Das österreichische Abgeordnetenhaus
wählt einen Ausschuß, welchem die Akten der gerichtlichen Unter-
suchung gegen das „Wiener Tagblatt"“ wegen der Börsenpanik vom
14. Nov. v. J. vorgelegt werden sollen.
Der Justizminister und Finanzminister lehnen es später ab,
die Akten des Prozesses vorzulegen.
15. Februar. (Prag.) Die alttschechischen Preßorgane ver-
öffentlichen eine Kundgebung der alttschechischen Abgeordneten, in
welcher dieselben anerkennen, daß der Inhalt der Ausgleichspunk-
tationen weder das Staatsrecht noch die Unteilbarkeit des Landes
schädige. Durch die Ereignisse der letzten Zeit seien die Alttschechen
jedoch genötigt, Vorsicht zu üben, in eine weitere Beratung der
Punktationen nicht einzugehen, die Beruhigung der Gemüter abzu-
warten und selbst auf dieselbe hinzuwirken. Mit dieser Ueber-
zeugung träten die Alttschechen in den Landtag ein, indem sie ins-
besondere beabsichtigten, mit dem konservativen Großgrundbesitze in
Verbindung zu bleiben.
19. Februar. (Wien.) Dem Reichsrate wird ein Gesetz-
entwurf betreffend die Steuerreform vorgelegt.
Die bestehende Erwerbssteuer und Einkommensteuer wird durch eine
Erwerbssteuer, eine Besoldungssteuer, eine Rentensteuer und eine allgemeine
Personaleinkommensteuer mit einem Existenzminimum von 600 fl. und einer
Progressionsskala 0,6 bis 4 Prozent ersetzt. Der Mehrertrag der ersten zwei
Jahre soll zu Steuernachlässen, nach zwei Jahren zu einer endgültigen Er-
mäßigung der Grundsteuer und der Gebäudesteuer, der Erwerbssteuer mit
Ausnahme der von Aktiengesellschaften zu entrichtenden, und für das Ge-
werbe im Umherziehen verwendet werden. Die Erwerbssteuer für Aktien=
gesellschaften bleibt ungefähr der bisherigen gleich. Im übrigen wird bei
der Erwerbssteuer zwischen der Stadt Wien, Orten unter 1000 Einwohnern,
Orten mit 1000 bis 10,000 Einwohnern und Orten über 10,000 Einwoh-
nern unterschieden. Von der Rentensteuer befreit sind die Zinsen von
Staatsobligationen, durch Spezialgesetze von Steuern befreite Zinsen und
Renten und Spareinlagen unter 525 fl. Die Rentensteuer beträgt für stän-
dische und öffentliche Handelsobligationen 10, im übrigen 2 pCt. Die Per-
sonaleinkommensteuer läßt einen Abzug von 25 fl. für jedes Kind zu, soweit
deren Zahl 2 in den größeren Städten und 4 in kleineren Orten übersteigt.
Die Regierung erwartet von der Personaleinkommensteuer einen Ertrag von
11,5 bis 17,5 Millionen, wovon 10,4 bis 16,1 Millionen zu den erwähnten
Steuernachlässen verfügbar sind.
20. Februar. (Pest.) Der Reichstag tritt wieder zusammen.
Czanady, ein Mitglied der Linken, dem zufällig das Alterspräsidium