Bie Geskerreichisch-Augarische Monarchie. (Febr. 25.—März 7.) 217
25. Februar. (Pest.) Die Abgeordneten wählen den Baron
Desider Banffy mit 243 gegen 158 Stimmen zum Präfidenten.
Dem Gegenkandidaten Thomas Pechy geben sämtliche oppositionelle
Parteien ihre Stimme.
3. März. Sämtliche Landtage der Monarchie, mit Aus-
nahme desjenigen der Bukowina, treten zusammen.
Auf dem Tiroler Landtage waren die italienischen Abgeordneten nicht
erschienen. Der Statthalter Graf v. Merveldt, sowie der Landeshauptmann
Graf Brandis gaben dem Bedauern über das Fernbleiben derselben Aus-
druck. Ersterer sprach die Hoffnung aus, daß die italienischen Abgeordneten
zum Landtag zurückkehren würden. Inzwischen sei es Pflicht der Regierung
und der Landesvertretung, dafür zu sorgen, daß die Interessen der italieni-
schen Landesteile durch das Fernbleiben ihrer Vertreter keine Schädigung
erführen. Im Lemberger Landtag hob der Landmarschall Fürst Sanguszko
hervor, daß die versöhnlichen Erklärungen der ruthenischen Abgeordneten am
Schlusse der letzten Session, und ihre Versicherung der Treue für den Kaiser
und die katholische Kirche die Grundlage einer gemeinsamen politischen Aktion
bilden könnten. Im böhmischen Landtage drückte der Oberst-Landmarschall
Fürst Lobkowitz in seiner Rede die Hoffnung aus, es werde trotz der viel-
fach vorhandenen Gegensätze gelingen, im Interesse der Bevölkerung erfolg-
reiche Resultate zu erzielen.
7. März. (Prag.) In einer in der Vorstadt Weinberge ab-
gehalten Volksversammlung erklärt der jungtschechische Abgeordnete
Vasaty, daß der Kampf gegen den Dreibund im gesunden Instinkt
der tschechischen Nation liege. Frankreich und Rußland würden
niemals zugeben, daß den Tschechen nur ein Haar gekrümmt werde.
Es wurde darauf einstimmig eine Resolution angenommen, in
welcher erklärt wurde, daß der auswärtigen Politik der Regierung
im Reichsrate äußerste Opposition gemacht werden müsse, weil die
Regierung Angriffe auf diese Seite ihrer Politik am meisten fürchte
und dies daher die ausgiebigste Waffe der tschechischen Oppositions-
partei sei.
7. März. (Prag.) Der Klub der konservativen Großgrund-
besitzer beschließt ein Kommunique folgenden Inhalts: Die Beratung
der Ausgleichs-Vorlagen in der gegenwärtigen Landtags-Session
hatte die Bedeutung einer schädlichen Verschärfung der Gegensätze.
Die konservativen Großgrundbesitzer hoffen, der Moment zu einer
aussichtsvollen Wiederaufnahme des Friedenswerkes werde wiederkommen.
Sie erkennen vollständig ihre Verbindlichkeit infolge des Beschlusses vom
26. Januar 1890 an, allein mit dieser Verbindlichkeit stehe es im Wider-
spruch, wenn die Verhandlung in einen Zeitpunkt falle, wo die Ablehnung
der Anträge durch den Landtag sicher sei. Da eine Ablehnung der Aus-
gleichsvorlagen gefährlich und dem nationalen Frieden schädlich wäre, er-
achten die konservativen Großgrundbesitzer es für ihre patriotische Pflicht,
im Sinne der Vertagung der Landtagsverhandlungen über die Ausgleichs-
vorlagen zu wirken.