218 JDie Gesterreichisc= Anzarisee Menarthie. (März 22. — April 2.)
22. März. Im Tiroler Landtage werden die Mandate
der italienischen Abgeordneten, welche sich bisher ostentativ von den
Beratungen ferngehalten haben, für ungültig erklärt.
24. März. (Prag.) In der Sitzung der Ausgleichskommis-
sion gibt der Statthalter erst in deutscher, dann in tschechischer
Sprache folgende Erklärung ab:
„Vor allem nimmt die Regierung Akt von den Erklärungen der
Abgeordneten des Großgrundbesitzes. Die Regierung, für welche die Aus-
gleichsvereinbarungen gleich wie für alle anderen auf den Wiener Konfe-
renzen vertreten gewesenen Teile bindend sind, ist der festen Ueberzeugung,
daß die Ausführung der Ausgleichsvorlagen für die Anbahnung des natio-
nalen Friedens des Landes die erste Voraussetzung bildet. Wird dieses Ziel
nicht bald erreicht, so muß notwendigerweise die kulturelle und wirtschaft-
liche Entwicklung Böhmens darunter leiden. Die Regierung kann daher
nicht anders, als den Wunsch ausdrücken, daß der Ausgleich sobald als nur
immer möglich in allen Teilen perfekt werde, und daher alle dem Landtag
vorgelegten Ausgleichsvorlagen einer meritorischen Beratung unterzogen
werden.“
Abg. Mattusch namens der Alttschechen und Graf Boucquoy
namens der Feudalen legen zwei verschieden motivierte Vertagungs-
anträge vor. Im Laufe der Debatte kennzeichnen Dr. v. Plener
und Dr. Schmeykal den deutschen, Mattusch, Kwitschala und Scholz
den alttschechischen, Prinz Schwarzenberg und Fürst Palffy den
feudalen Standpunkt. Dr. v. Plener weist die Haltung des Groß-
grundbesitzes zurück, der keine „Vermittlerrolle“ spielen, sondern die
übernommene Pflicht als Partei erfüllen solle; er erklärt, die
Deutschen halten die Wiener Punktationen aufrecht und werden
immer auf deren Verwirklichung dringen.
1. April, (Prag.) Die Ausgleichskommission nimmt den
Antrag Boucquoy auf Vertagung der Ausgleichsvorlagen an. Dafür
stimmen die Alttschechen und die Vertreter des Großgrundbesitzes,
dagegen die deutschen Abgeordneten. Abg. Plener meldet hierauf
ein Minoritätsvotum an. Auch die Jungtschechen, welche nach
Ablehnung des ihrerseits gestellten Antrages auf Uebergang zur
Tagesordnung den Saal verlassen hatten, melden ein Minoritäts-
votum an.
2. April. (Pest.) Bei der Beratung des Budgettitels „kö-
nigliche Hofhaltung“ wiederholt der Finanzminister Wekerle
gegenüber dem Verlangen oppositioneller Redner betreffend die Ein-
richtung eines selbständigen ungarischen Hofhaltes, er erachte
einen in der inneren Einrichtung vollständig abgesonderten Hofhalt
nicht für zweckmäßig. Die Regierung übernehme jedoch die Ver-