Das Denisqhe Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 15) 15
Ueberzeugung, daß diese weitgehende und konsequent durchgeführte Dezentra-
lisation, welche sich eng an die Ausbildung des Verfassungsrechtes in den
letzten Jahrzehnten anschließt, in der Bevölkerung mit Freuden begrüßt werden
wird; und ich hoffe bestimmt, daß dadurch die Schule, eine der wesentlichsten
und wichtigsten Lebensäußerungen unseres Kulturstaates, ebenso Unterstützung
und Förderung finden wird, wie wir das auf anderen Gebieten gesehen
haben, wo die örtlichen und kommunalen und Laienorgane sich an derartigen
Institutionen jetzt schon beteiligen.
Meine Herren, die öffentlichen Lehrer haben die Pflichten und Rechte
der Staatsdiener; der Staat stellt unter gesetzlich geordneter Beteiligung der
Gemeinden die Lehrer an den öffentlichen Volksschulen an. Diese Bestim-
mung gibt dem Staat bezüglich der Anstellung ein unveränßerliches Recht,
sie bietet dem Lehrerstande eine außerordentlich wertvolle Sicherung seiner
Interessen und sie gewährt außerdem den Gemeinden eine wirksame Mitbe-
teiligung in der Auswahl der Lehrer. Zu den §§ 116 und folgenden des
Gesetzes, welche diesen Gedanken auszuführen suchen, darf ich darauf hin-
weisen, daß in dem Umstande, daß die Gemeinde ein Vorschlagsrecht hat und
die gemachten Vorschläge von den die Anstellung legalisierenden staatlichen
Instanzen nur unter Angabe der Gründe beanstandet werden dürfen, sehr
weitgehende Kautelen gegeben sind, um dieses Vorschlagsrecht der Gemeinde
zu einem wirklich wertvollen und Nutzen bringenden Faktor zu machen.
Meine Herren! Was das Diensteinkommen der Lehrpersonen betrifft,
so unterscheidet der Gesetzentwurf zwischen Grundgehalt und Alterszulage.
Das Grundgehalt muß naturgemäß nach den lokalen und amtlichen Verhält-
nissen der einzelnen Lehrerstelle, vielleicht auch nach ganzen Provinzen, ver-
schieden gestaltet sein. Wenn in dem Gesetzentwurf aber bezüglich derjenigen
Kategorie von Lehrern, welche die größte Zahl im preußischen Staat aus-
machen, der alleinstehenden und Ersten Lehrer, ein Minimalgehalt ausgesetzt
ist, so soll dies bedeuten, daß über diese unterste Grenze nicht, wie das bisher
leider zum Schaden nicht bloß der Schule, sondern auch vieler anderen
Dinge geschehen ist, ein ununterbrochenes Streiten und Handeln stattfinden
darf. Wie nötig eine derartige Bestimmung ist, werden Sie, meine Herren,
wie ich hoffe, aus einer Denkschrift ersehen, die ich augenblicklich in meinem
Ministerium ausarbeiten lasse, und welche die Ergebnisse der auf meine Ver-
anlassung in diesem Jahre über die Lehrerbesoldungen gepflogenen Ver-
handlungen in allen Provinzen zu Ihrer vollen, offenen Kenntnisnahme
bringen wird.
Meine Herren, wenn man berücksichtigt, daß der Gesetzentwurf ferner
für diese Ersten und alleinstehenden Lehrer den Gemeinden einen Zuschuß
von 600 Mark, also 100 Mark mehr als dies bieher der Fall ist, bewilligt,
und wenn man ferner bedenkt, daß die Unterhaltungspflicht der Schule durch
das Gesetz auf viel breitere Schultern als bieher gelegt wird, und endlich
in Erwägung nimmt, daß die Alterszulagen völlig vom Staat getragen
werden sollen, so werden auch diejenigen Bedenken, welche etwa aus der
Leistungsunfähigkeit der Gemeinden geltend gemacht werden könnten, wie ich
hoffe, schwinden.
Was die Pensionierung der Lehrer betrifft, so ist diese angepaßt den
allgemeinen für die Staatsbeamten geltenden Vorschriften. Um also den
Gemeinden die Lasten zu erleichtern, sollen ihnen bis zum jährlichen Höchst-
betrage von 1000 Mark Pensionszuschüsse aus Staatomitteln gewährt werden.
Aber auch hier ist beabsichtigt, um die überschießenden Beträge den Ge-
meinden weniger fühlbar zu machen, Pensionskassen nach Regierungsbezirken
zu bilden. Ich glaube, meine Herren, Sie werden anerkennen, daß auch
hier die Sorge für die Sicherung der Zukunft unserer Lehrer sich durchaus