Bie Gesterreichisch-Angerische Monarchie. (Juli 27.—Okt. 1.) 233
27. Juli. (Wien.) Das Herrenhaus nimmt die Valuta-Vor-
lage in zweiter und dritter Lesung einstimmig an.
Ende Juli. Der tschechische Landsmannminister Prazak
nimmt seinen Abschied. Dem Minister Kuenburg wird die Geheim-
ratswürde verliehen.
9. August. (Wien.) Der österreichisch-serbische Handelsver-
trag wird unterzeichnet.
21. August. Publikation der Gesetze über die Kronenwährung.
Anf. September. Eine Anzahl böhmischer Abgeordneter,
Großgrundbesitzer von der Gruppe des Fürsten Windischgrätz,
die dem Ausgleich günstig gesinnt sind, legen ihre Mandate nieder.
Mitte September. Die Pester Gemeindevertretung faßt mit
120 gegen 63 Stimmen den Beschluß, Ludwig Kossuth anläßlich
seines 90. Geburtstags das Ehrenbürgerrecht zu verleihen.
26. September. Besuch des Königs von Sachsen in Wien.
30. September. (Wien.) Abschluß eines großen Strafpro-
zesses gegen hohe Beamte in der Bukowina, die wegen Unterschla-
gungen, Betrug und Bestechungen verurteilt werden. Der Haupt-
schuldige ist der ehemalige Finanzdirektor der Bukowina Try-
cieniecki.
1. Oktober. (Pest.) Die Erwiderung des Kaisers Franz
Josef auf die Ansprache der Präsidenten der Delegationen lautet:
„Die auswärtige Lage hat sich seit der letzten Session der Delega-
tionen nicht wesentlich verändert. Unsere Beziehungen zu allen Mächten
sind durchaus freundliche geblieben und vertrauensvolle. Das Zusammen-
stehen mit den uns verbündeten Reichen bewährt auch fortan seine Heil
bringende, Frieden erhaltende Wirkung. — Das Ruhebedürfnis der Völker
und die Sorge um ihr materielles Wohl üben unverkennbar einen mäßigen-
den Einfluß auf die internationalen Verhältnisse aus; auch sind die Be-
mühungen meiner Regierungen im vergangenen Jahre vielfach auf die
Regelung der ökonomischen Fragen und insbesondere dahin gerichtet gewesen,
die Handelsbeziehungen der Monarchie durch den Abschluß von Verträgen
für eine Reihe von Jahren auf eine gesicherte Basis zu stellen. Nebst den
bereits in Kraft getretenen Verträgen mit Deutschland, Italien, der Schweiz
und Belgien sind nunmehr auch die Verhandlungen mit Serbien zu einem
befriedigenden Abschluß gelangt, und ich hoffe, daß auch dieser Vertrag zu
beiderseitigem Nutzen baldmöglichst ins Leben treten wird. Das Gesamt-
erfordernis für das Heer und die Kriegsmarine hat meine Regierung mit
gewissenhaftester Berücksichtigung der finanziellen Verhältnisse der Monarchie
nach Maßgabe des unerläßlich Notwendigen festgestellt. Die gegen das Vor-
jahr sich darstellende Erhöhung ist keine unerwartete, denn tt betrifft zu-
meist wiederholt erörterte Anforderungen meines Kriegsministers, die teil-
weise aus finanziellen Gründen zurückgestellt waren, nun aber für die fort-
schreitende Erstarkung und die technische Vervollkommnung der Wehrkraft
unbedingt notwendig werden. Die Einnahmen Bosniens und der Herzego-
wina werden auch in diesem Jahre zur Deckung der Kosten der Verwaltung