Vie Gesterreichisch-Augarische Monarchie. (Ende Okt.—Nov. 3.) 237
Ende Oktober. (Pest.) Großer Zwist über die Enthüllungs-
Feierlichkeit eines Honved-Denkmals in Ofen.
Es war der Versuch gemacht worden, die Armee und die Honved-
Vereine zu einer gemeinsamen Ehrung der Kämpfer von 1848 auf beiden
Seiten zu vereinigen. Die Honvedvereine sollten dem Hentzi-Denkmal, die
Armee dem neuen Honved-Denkmal eine Huldigung darbringen. Der Mi-
usferbrsttem Szapary hatte sich für die Sache engagiert; die magyarischen
Chauvinisten bringen sie zu Fall.
Kaiser Franz Josef verläßt darauf in auffälliger Weise Pest,
wo er bis dahin residiert hat.
29. Oktober. (Wien.) Gemeindevertretung. Der Führer der
antisemitischen Minderheit, Lueger, wird, weil er in einem immer
gereizter werdenden Wortwechsel mit dem Bürgermeister Prix dessen
Vorgehen ein infames nennt, von demselben für vier Sitzungen aus
dem Gemeinderate ausgeschlossen.
29. Oktober. Finanzminister Dr. Steinbach legt im Abgeord-
netenhause das österreichische Budget für 1893 vor.
Dasselbe weist ein Gesamterfordernis von 608,684,795 fl. auf, gegen
das Vorjahr um 22,376,181 fl. mehr. Die Gesamtdeckung beträgt
609,572,085 fl., also gegen das Vorjahr um 23,617,959 fl. mehr. Der
präliminierte Ueberschuß von 887,291 fl. ist gegen das Vorjahr um 655,308 fl.
günstiger. Nachdem aber 1893 für Tilgung von Staatsschulden aus den
laufenden Staatseinnahmen 3 Millionen entnommen werden, während im
Vorjahre nur 2 Millionen entnommen wurden, stellt sich das Budget 1893
thatsächlich um 1,655,308 fl. besser als 1892.
1. November. (Wien.) Die „Wiener Zeitung“ veröffentlicht
die Ernennung des Fürsten Windischgrätz zum Vize-Präsidenten
des Herrenhauses, sowie die Ernennung von 21 Herrenhaus-
mitgliedern auf Lebensdauer, darunter die Reichsratsabgeordneten
Gomperz und Sylva-Tarouca, mehrere Landtagsabgeordnete, dar-
unter den Prinzen Ferdinand Lobkowitz und den Präsidenten des
Dalmatiner Landtages Vojnoviz, den Vize-Gouverneur der öster-
reichisch-ungarischen Bank, Zimmermann, und mehrere Großgrund-
besitzer und Großindustrielle, darunter Ringhoffer und Leitenberger.
Nahezu die Hälfte der Berufenen sind deutschliberal.
3. November. (Pest.) Das Abgeordnetenhaus beschließt
der Verdienste des verstorbenen Abgeordneten Iranyi im Protokoll
Erwähnung zu thun, einen Kranz auf der Bahre niederlegen zu
lassen und die Kosten für die Bestattung in Pest zu übernehmen.
Die Führer sämtlicher Parteien widmen dem Andenken Iranyis
den wärmsten Nachruf; sie feiern dessen puritanische, liberale ideale
Gesinnung, seine mustergültige Prinzipientreue und uneigennützige
Vaterlandsliebe.