244 Bie Geserreichisch-Ungariscze Monarcie. (November 26.)
Oesterreich habe etwas dazwischen Liegendes — er wisse nicht, ob
die Herren dies bemerkt hätten — das sei die Nationalität. (Große
Heiterkeit.) Das Aufwerfen der Sprachenfrage finde er natürlich,
da sie allen auf die Finger brenne; diese hochwichtige Frage müsse
eine Lösung erfahren, die angeregte außerparlamentarische Verstän-
digung erachte er jedoch für verfrüht und empfehle einstweilen, dar-
über nachzudenken. (Beifall, Heiterkeit.) Dann könne aus dem
Hause oder seitens der Regierung ein Antrag kommen.
Während die Deutschliberalen in Oesterreich in der Rede des Grafen
Taaffe und in der den Bemerkungen des Ministers vorangegangenen Rede
des Prinzen Carl Schwarzenberg eine Kündigung des bisher zwischen der
Regierung und der vereinigten deutschen Linken bestehenden Verhältnisses
erblicken und in Erregung über die Schritte beraten, welche auf Grundlage
dieser Voraussetzung weiter zu thun seien, wollen die der Regierung nahe-
stehenden Organe weder vom Prinzen Schwarzenberg noch vom Minister-
präsidenten irgend etwas gehört haben, was auf eine Veränderung der bis-
herigen Richtung der inneren Politik Oesterreichs hindeuten könnte. Die
„Presse“ z. B. sagt von der Rede des Prinzen von Schwarzenberg:
„Er sprach von den Schwierigkeiten der Lage, aber vermied es, sie
zu erhöhen. Seine Bemerkungen über die staatsrechtliche Frage bekunden
eine wohlthuende retardierende Tendenz und gewähren die Beruhigung, daß
der konservative Hochadel seine Beihülfe einer jeden staatsrechtlichen Aktion
versagen würde, welche den inneren Frieden gefährden oder die Machtstellung
des Reiches beeinträchtigen könnte. Prinz Schwarzenberg, welcher als das
der tschechisch-nationalen Bewegung am nächsten stehende Mitglied des böh-
mischen Hochadels gilt, zeigte sich gleichwohl sorgfältig bemüht, die Empfin-
dungen der Deutschen zu schonen, und fand gegenüber der Linken Worte
des achtungsvollen Entgegenkommens, die gerade aus seinem Munde ange-
nehm berührten. Indem er ferner vor der Aufrollung der Sprachenfrage
im gegenwärtigen Augenblick warnte, da sonst auch die anderen Parteien
politische Streitfragen, wie etwa die der Volksschulreform, in den Vorder-
grund stellen und damit die Lage erschweren könnten, zeigte er, daß er den
Gedanken der Thronrede, welche eine Zurückstellung der parteimäßigen Son-
derwünsche im Interesse gemeinsamer Wohlfahrtsarbeit fordert, gründlich in
sich aufgenommen hat und seinerseits nichts unternehmen will, was dessen
Verwirklichung behindern könnte.“
26. November. (Wien.) Ein Communigque der Vereinigten
deutschen Linken des Abgeordnetenhauses gibt bekannt, der Minister
Graf Kuenburg teilte in der heutigen Vormittagssitzung des Klubs
mit, er habe dem Ministerpräsidenten Grafen Taaffe am 24. No-
vember seine Demission angekündigt. Nach einem weiteren Kom-
munique der Vereinigten deutschen Linken schloß sich an die Mit-
teilung der Demission des Grafen Kuenberg eine kurze Debatte an,
in welcher sich der Klub einhellig mit dem Schritte des Grafen
Kuenburg einverstanden erklärte und demselben sowie dem Klub-
vorstande einmütig das volle Vertrauen aussprach.