Fr##kreich. (Juni 22.—Anf. August.) 269
. Juni. Ravachol, zum zweitenmal in Montbrison wegen
eines früheren Mordes vor die Geschworenen gestellt, wird zum
Tode verurteilt und am 11. Juli hingerichtet.
Ende Juni. Deputiertenkammer. Der Abgeordnete Deloncle
stellt folgenden Antrag:
„In Frankreich ist es zur Traditton geworden, alle elf Jahre die
Welt zu einer Ausstellung einzuladen, wo die gesamte Menschheit, die Frucht
ihrer Arbeit, ihrer Fortschritte und Hoffnungen vor die Augen bekommt.
Nach den Ausstellungen von 1855, 1867, 1878, 1889 ist das Jahr
1900 geeignet, um das Werk des ganzen Jahrhunderts in einer Schluß-
ausstellung zusammenzufassen. Die Ausstellung von 1889 wurde im Jahre
1884 beschlossen; es hat einer Zeit von fast sechs Jahren bedurft, um sie
vorzubereiten. Sieben Jahre sind nicht zu viel, um eine des Jahrhunderts
würdige Ausstellung zu errichten. Wir haben daher die Ehre, Ihnen den
beifolgenden Antrag zu unterbreiten, und sind dabei überzeugt, daß die
Kammer ihn als dringlich und beseelt von dem einmütigen Gefühl des
Patriotismus und des nationalen Stolzes votieren wird.
Einziger Artikel.
Die Kammer fordert die Regierung auf, eine Weltausstellung im
Jahre 1900 zu veranstalten."“
11. Juli. Ministerkrisis. Wegen ungünstigen Nachrichten
aus Dahomey nimmt die Kammer ein Mißtrauensvotum an. Da-
nach reichen sämtliche Minister ihre Demission ein. Carnot be-
harrt mit Entschiedenheit auf dem Verbleiben des Kabinetts. Nach
einstündiger Beratung, in der der Marineminister Cavaignac die
übrigen Minister bittet, diesmal von der Solidarität abzusehen,
da er allein sich von dem Votum der Kammer getroffen fühle, be-
schließt das Kabinett, im Amte zu bleiben, nur der Marineminister
wird entlassen; an seine Stelle tritt Burdeau.
Anf. August. Die Sozialistin Madame Severine veröffent-
licht im „Figaro“ ein Interview, das sie beim Papst gehabt. Der
Papst habe den Antisemitismus, über den sie ihn befragt, ver-
worfen. Aber zu den anderen Plagen sei heute die Herrschaft des
Geldes gekommen.
Man will die Kirche besiegen und das Volk mit dem Gelde beherr-
schen. Weder die Kirche noch das Volk werden sich da unterwerfen. —
„Also die großen Juden, Heiliger Vater?"“ fragte Frau Séverine. Der
Glanz des Blickes verschwand unter dem Schleier seiner Augenwimpern,
und mit ruhiger Stimme antwortete der Papst: Ich halte zu den Kleinen,
Niedrigen und Enterbten, welche unser Herr liebte.
Ueber die deutschen Reichslande kommt folgende Stelle vor:
„Sie kennen, Heiliger Vater“, sagte Frau Söverine, jenen Abbé
Jacot, den Renegaten, den Elsaß-Lothringer, der den Unfrigen dort unten
predigt, sie möchten ihr Mutterland vergessen. Er rühmt sich, der Dolmetscher
Ihrer Befehle zu sein. Ist das wahr? Billigen Sie sein Vorgehen?!“
Darauf soll Leo XIII. geantwortet haben: „Ich beklage es. Ich liebe