20 Nos Beutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 23.—26.)
würde das, wie gesagt, nach meiner Meinung, der ich selbst liberal stets
gewesen bin und bleiben will, für die weitere Entwicklung in Deutschland
nur förderlich sein. Das liberale Bürgertum in Stadt und Land, die libe-
ralen Anschauungen haben einen Anspruch auf größere Geltung, als sie zur
Zeit besitzen."
23. Januar. (Reichstag.) Auf die Anregung des Abg.
v. Bennigsen vom 22. antworten die Abgg. Bamberger und
Richter in entgegenkommender Weise. Beide und ebenso v. Bennigsen
betonen aber, daß es nur gewisse Gebiete seien, auf denen die beiden
Parteien zusammengehen könnten.
23. Januar. Es wird erzählt, daß der Kaiser ein vom
Minister Miquel am 18. eingereichtes Entlassungsgesuch abgelehnt
habe. Das Volksschulgesetz sei nur mit einer Stimme Majorität
im Ministerrat angenommen worden. Am Abend geht der Kaiser
zum Thee zum Minister Graf Zedlitz; Herr Miquel, Graf Douglas
und andere werden dazugeholt. Die Konferenz (der Herrenabend)
dauert bis nach Mitternacht.
24. Januar. Besuch des Königs von Württemberg in
Berlin.
25. Januar. Der schweizerische Handelsvertrag wird
in seinen einzelnen Artikeln samt dem Schlußprotokoll angenommen.
Eine dazu vom Abg. Barth mit Unterstützung der freisinnigen Partei
beantragte Resolution lautet:
Da es den Interessen der vertragschließenden Staaten entspricht, alle
bei der Auslegung und Anwendung der Handelsverträge etwa entstehenden
internationalen Meinungsverschiedenheiten auf friedlichem und freundlichem
Wege zu begleichen, werden die verbündeten Regierungen ersucht, mit den
Regierungen derjenigen Länder, mit denen Handelsverträge zustande kommen,
eine Vereinbarung zu treffen, dahin gehend, daß alle aus den Handelsver-
trägen etwa entspringenden Streitigkeiten durch ein Schiedsgericht zum
Austrag gebracht werden.
Dies wird nach Motivierung durch den Antragsteller ohne Debatte
gegen die Stimmen der Rechten angenommen.
25. Januar. Erste Lesung des Volksschulgesetzes. Namens
der Konservativen erklärt der Abg. v. Buch sich für dasselbe. Der
Kultusminister Graf Zedlitz sagt:
viele Einwendungen beruhten auf bloßen Mißverständnissen. Er be-
streite, daß der Entwurf der Schule in der Kirche neben dem Staat einen
zweiten Herrn gebe.
26. Januar. Fortsetzung. Auf eine Rede des Abg. Richter
erwidert der Kultusminister:
Ein Passus seiner Rede habe ihn wahrhaft tief und sympathisch be-
rührt. Ich gestehe, eine so geistvolle und glänzende Begründung für
meine Auffassung, daß das Privatunterrichtswesen in diesem Gesetz geregelt
werden muß, wie sie der Herr Abg. Richter gegeben hat, wäre mir als