Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Achter Jahrgang. 1892. (33)

276 Frankreich. (Dezember 16.—20.) 
scharen, welche die Regierung zu einer Rechtfertigung der Männer führen 
werde, die seit zwanzig Jahren deren Geschicke geleitet hätten. (Lebhafter 
Beifall.) Unter lebhafter Erregung wurde mit 271 gegen 265 Stimmen, 
dem Verlangen der Regierung entsprechend, abgelehnt, in die Beratung der 
einzelnen Artikel des Antrages Pourquêéry einzutreten. 
16. Dezember. (Paris). Auf Befehl des Justizministers wird 
das gerichtliche Verfahren gegen die Beamten der Panama-Gesell- 
schaft wegen Bestechung eröffnet. Charles Lesseps und Fontanes 
als die Administratoren der Panamasesellschaft, sowie der frühere 
Deputierte Sansleroy werden verhaftet. Täglich werden neue Per- 
sönlichkeiten beschuldigt. Es wird bekannt, daß das Material zu 
den Anklagen wesentlich von dem früheren Polizeipräfekten Andrieux 
herrührt. 
19. Dezember. (Paris.) Die Deputiertenkammer nimmt mit 
261 gegen 246 Stimmen die Erhöhung der Alkoholsteuer auf 254 
Francs, sowie die Erhöhung der Erbschaftssteuer an. 
20. Dezember. Deputiertenkammer. Millerand liest den Be- 
richt, der mit der Ermächtigung zur gerichtlichen Verfolgung einer 
Anzahl Senatoren und Deputierten schließt. 
Rouvier erklärt, er glaube unter den obwaltenden Umständen ein Ge- 
heimnis preisgeben zu müssen, welches jeder Minister unter gewöhnlichen Um- 
ständen bewahren werde. Als er sein Portefeuille übernommen habe, habe 
er keine genügenden geheimen Fonds zur Verteidigung der Republik vorge- 
sunden, er habe daher seine Zuflucht zu seinen persönlichen Freunden nehmen 
müssen, denn um zu regieren, müsse man Geld haben. (Murren.) Das, 
was er gethan habe, hätten alle Politiker gethan. (Zwischenrufe.) Er habe 
dies nur vor der Untersuchungskommission sagen wollen, allein man habe 
ihn genötigt, es vor der Kammer bekannt zu geben, er könne vor jede be- 
liebige Gerichtsbehörde hintreten, er habe nichts zu fürchten; denn er habe 
niemals einen persönlichen Nutzen weder direkt noch indirekt von der Ge- 
sellschaft gehabt, deren Interesse er niemals verteidigt habe. 
Hierauf griff Déroulède Clemenceau wegen seiner Verbindung mit 
Herz an. Er fragte, wer es gewesen, der den Dr. Herz, diesen Fremden, 
so hoch hinaufgehoben: — „Es ist Clemenceau!“ Herz habe zu ihm ge- 
sagt: „Ich will die Demokratie fördern; bereits habe ich Herrn Clemenceau 
400,000 Francs gegeben.“ Déroulede schloß: „Ja, es lebt in Frankreich 
ein dem französischen Boden wie unfrer Rasse fremder Mann, ein Mann 
deutschen Ursprungs, der sich auf Frankreich gestürzt und bei uns Kom- 
plizen fand, von denen keiner gewandter und furchtbarer war, als der, den 
ich Ihnen zu nennen den Mut hatte.“ Millevoye fügte hinzu, daß Herz 
durch Clemenceau in intime Verbindung mit Boulanger gelangte. Der 
General habe dies bestätigt und hinzugefügt: „Als ich in Beziehungen zu 
Herz gesetzt wurde, wußte ich nicht, daß er ein Agent der Tripelallianz, 
daß er von England und Deutschland bezahlt war.“ Und von diesem 
Manne, rief Millevoye schließlich aus, haben Sie Summen empfangen, deren 
Ziffer sich vielleicht auf mehrere Millionen beläuft! Clemenceau wies diese 
Aussage als „Lüge“ zurück. 
Die beantragte Aufhebung der Immunität wird beschlossen.
	        
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