Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Achter Jahrgang. 1892. (33)

Schweden und Norwegzen. (Juni 1.—September 23.) 295 
der zweiten Kammer genehmigten Antrag auf Erweiterung des 
Wahlrechts abgelehnt. 
1.—3. Juni. Aufenthalt des Königs in Paris. 
10. Juni. Das norwegische Storthing beschließt nach zwei- 
tägiger Debatte mit 63 gegen 49 Stimmen, ein eigenes norwegisches 
Konsulatwesen zu errichten, sowie die Regierung zu ersuchen, die 
notwendigen Schritte zu unternehmen, um das gegenwärtig mit 
Schweden gemeinsame Konsulatwesen aufzulösen. 
13.—15. Juni. Besuch des Königs in Potsdam. 
29. Juni. (Christiania.) In einer im königlichen Schlofse 
stattfindenden mehrstündigen Konferenz, an welcher der König, der 
Kronprinz und die Mitglieder des norwegischen Ministeriums teil- 
nehmen, wird die Frage der Errichtung eines eigenen norwegischen 
Konsulatwesens in wenn auch nicht offizieller Weise erörtert. Das 
Ministerium reicht darauf seine Enlassung ein. In dem Demis- 
sionsgesuche heißt es: Da der König erklärt habe, daß er den Be- 
schluß des Storthing, betreffend Errichtung eines besonderen nor- 
wegischen Konsulatswesens, nicht sanktionieren werde, und da keines 
von den Mitgliedern des Ministeriums die Verantwortung für die 
Nichtsanktionierung übernehmen wolle, so habe das Ministerium 
beschlossen, seine Demission zu geben. Der König hat das Demis- 
sionsgesuch zwar entgegengenommen, alle weitere Entschließung 
darauf sich jedoch vorbehalten. 
26. Juli. Die Rechte und Linke des Storthings bringen 
einen Antrag ein, wonach das Ministerium Reen veranlaßt wird, 
zu bleiben. Der Antrag wird einstimmig angenommen. Minister- 
präfident Reen erklärt sich bereit. Die Konsulatsfrage wird vertagt. 
23. September. In einem „Offenen Brief“ beruft der König 
zum 17. Oktober einen außerordentlichen Reichstag, der über die 
Verteidigungsfrage beraten soll. Der „Offene Brief“ enthält fol- 
gende Stellen: 6 
„Mit Bekümmernis haben Wir des geringen Fortgangs Zeuge sein 
müssen, welchen Unfre unablässigen Bemühungen für eine bessere Ordnung 
der Verteidigungskräfte des Reichs bis jetzt bei den von so vielen anderen 
Aufgaben gleichzeitig in Anspruch genommenen ordentlichen Reichstagen 
haben gewinnen können. Wir halten es daher für unsere königliche Pflicht, 
einen Vorschlag darüber einer Reichsversammlung zugehen zu lassen, wo 
derselbe ausschließlich Gegenstand der Behandlung sein kann; und es ist 
Unsre feste Zuversicht, daß die schon allzulange aufgeschobene Entscheidung 
einer Frage, welche alle vaterlandsliebenden Männer, wie auseinandergehend 
auch sonst ihre Ansichten und Denkweisen seien, vereinen muß, dadurch 
endlich zu einer glücklichen Lösung gebracht werde.“
	        
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