Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Achter Jahrgang. 1892. (33)

Fulgmien. (Februar 25.—April 12.) 305 
Adrianopel habe sich zur Begrüßung Stambulow's der Generalsekretär des 
Vilajets eingefunden. 
Mitte September. 2000 arabische Studenten in Konstan- 
tinopel werden in ihre Heimat geschickt. 
2. Bulgarien. 
25. Februar. Der bulgarische Agent Dr. Vulkovich wird in 
Konstantinopel auf der Straße überfallen und durch einen Dolch- 
stich so schwer verwundet, daß er am 26. stirbt. 
12. April. Note, welche der bulgarische Minister des Aeußern 
und des Kultus, Herr Grekow, an den Gerenten des ottomanischen 
Vakuf-Kommissariats in Sofia Raschid Bey richtet: 
Die Note geht von der Ermordung des Ministers Beltschem und 
von der infolge dieses Ereignisses erteilten Versicherung der Pforte aus, 
daß sie die Bemühungen zur Ueberwachung der bulgarischen Emigranten 
unterstützen und bei dem geringsten verbrecherischen Versuche derselben die 
auf türkischem Gebiete befindlichen Schuldigen verfolgen und bestrafen werde. 
Das Schriftstück verweist sodann auf die Ermordung des Dr. Vulkowitsch, 
knüpft daran eine Inhaltsangabe des bekannten, aus Odessa vom 24. No- 
vember 1891 datierten Briefes des Nikolaus Tufektschiew an Bone Gheor- 
giew und faßt dann die Ergebnisse der von der türkischen Behörde in An- 
gelegenheit des erwähnten Mordes geführten Untersuchung zusammen. Die 
bulgarische Regierung sei in hohem Maße überrascht gewesen, als Schisch- 
manow in Freiheit gesetzt und der russischen Botschaft ausgeliefert wurde. 
Nach den unzweifelhaften Beweisen, welche die bulgarische Regierung be- 
sitzt, sei Schischmanow im Orte Klein-Timowo im Vilajet Adrianopel geboren 
und befand sich bis 1885 in rumeliotischen Diensten. Die Note erörtert 
eingehend, daß Schischmanow seine türkische Staatsangehörigkeit nicht ab- 
gelegt haben könne, mindestens aber in die Kategorie der türkischen Schutz- 
befohlenen gehöre. Hieraus folge, daß die Intervention der russischen Bot- 
schaft zu Gunsten Schischmanow's eine unberechtigte war, da selbst in dem 
Falle, wenn Schischmanow russischer Unterthan gewesen wäre, das von ihm 
begangene Verbrechen von den türkischen Gerichtsbehörden zu ahnden wäre. 
Es stehe somit fest, daß die bulgarischen Emigranten in Rußland nicht bloß 
ein Asyl und Straflosigkeit, sondern auch Unterstützungen finden, die sie in 
den Stand setzen, Komplotte zu schmieden und Attentate gegen die bulga- 
rischen Staatsmänner vorzubereiten. All' diese Thatsachen hätten die bul- 
garische Regierung sehr peinlich berührt und in Bulgarien einen bedauer- 
lichen Eindruck gemacht. Sie reihen sich zahlreichen früheren Vorgängen 
an, bei welchen die russische Regierung stets ihre wohlwollenden Gesinnungen 
für die bulgarischen Emigranten und ihre feindselige Haltung gegen die 
bulgarische Regierung offenbarten. Diesbezüglich erinnert die Note an die 
nach der Ermordung Beltschew's von Zankow, Rizow, Stantschew, Gruew, 
Benderew und Lozkanow an Stambulow gerichteten Briefe, in welchen die- 
selben erklärten, sie würden weitere Attentate ins Werk setzen, an das Ver- 
bleiben Gruew's und Benderew's in der russischen Armee, an die Jahres- 
pension Zankow's und an den Empfang Stantschew's durch den Minister 
Giers. Es sei ferner eine bekannte Thatsache, daß alle bulgarischen Emi- 
granten, welche sich in der Türkei, in Serbien und in anderen Staaten 
Europ. Geschichtskalender. Bd. XXXIII. 20