Bulgarien. (April Ende Juni 22.) 307
Ordnung der Dinge in Bulgarien oder gegen die politischen Persönlichkeiten
dieses Landes ernste Hindernisse entgegengestellt werden, bittet die fürstliche
Regierung die hohe Pforte, in Zukunft den bulgarischen Emigranten den
Aufenthalt in den Vilajets der europäischen Türkei zu untersagen. Die hohe
Pforte möge (voudra bien), indem sie dazu hilft, die bulgarischen Emigranten
und revolutionären Komités zur Ohnmacht zu verurteilen, in ihrem hohen
Gerechtigkeitsgefühle und in ihrem Wunsche, die politische Lage des Fürsten-
tums zu konsolidieren, die Rechte dieses Landes anerkennen, indem sie, gemäß
Artikel III des Berliner Vertrages, die in Bulgarien bestehende gesetzliche
Ordnung der Dinge in internationaler Beziehung bestätigt.
(gez.) Grekow.“"
Ende April. Fürst Ferdinand beginnt eine große Reise, die
ihn nach Wien und London führt.
21. Mai. In Sachen der bulgarischen Note an die Pforte
wird der „Politischen Korrespondenz“ aus Konstantinopel gemeldet,
der türkische Kommissariatssekretär in Sofia, Reschid-Bey, habe nach
seiner Rückkehr nach Sofia dem Minister des Auswärtigen, Grekow, bekannt
gemacht, die Pforte sei bereit, nach Abschluß des in Konstantinopel schwe-
benden Prozeßverfahrens an die russische Regierung das Ersuchen zu richten,
die Brüder Tufektschiem und Schischmanow auszuliefern. Was die von
der bulgarischen Regierung begehrte Ausweisung bulgarischer Emigranten
aus der Türkei anlange, so wünsche die Pforte ein detailliertes Verzeichnis
der betreffenden Personen. Die dritte in der bulgarischen Note an die
Pforte enthaltene Forderung, betreffend die Anerkennung des Prinzen
Ferdinand, erachte die Pforte im gegenwärtigen Zeitpunkt für inopportun. Sie
empfehle der bulgarischen Regierung Geduld und Mäßigung. In der
Meldung der politischen Korrespondenz heißt es ferner, der bulgarische
Agent Dimitrow habe, da das in Konstantinopel eingeleitete Prozeßver-
fahren nunmehr beendet sei, von seiner Regierung die Weisung erhalten
der Pforte die von ihr gegebene Zusage, die russische Regierung um Aus-
lieferung der Gebrüder Tufektschiew und Schischmanow ersuchen zu wollen,
in Erinnerung zu bringen, sowie ihr mitzuteilen, daß die bulgarische Re-
gierung ein Verzeichnis der bulgarischen Emigranten vorlegen werde.
22. Juni. Der „Pol. Korresp.“ zufolge stellt die bulgarische
Anklageschrift bezüglich der Ermordung Beltschews als sichere That-
sache fest, daß das Attentat auf Beltschew Stambulow gegolten
habe, durch dessen Ermordung der Umsturz der bestehenden Ord-
nung herbeigeführt werden sollte. Die Nachforschungen der bul-
garischen Behörden hätten alle Fäden der seit lange geplanten An-
schläge bloßgelegt. Der Impuls, sowie das erforderliche Geld zu
denselben wären, der Anklageschrift zufolge, von dem slavischen
Wohlthätigkeitsvereine in Odessa ausgegangen, wobei ein gewisser
Svetoslav Milarow einer der Hauptagenten gewesen sei. Unter
den Notizen Milarows habe sich eine Aufzeichnung vorgefunden,
laut welcher eine in Odessa abgehaltene Versammlung beschlossen
habe, auch den Prinzen Ferdinand mittels Revolvers oder Dolches
zu töten.
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