Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Achter Jahrgang. 1892. (33)

Nord-Amerika. (Anf. Mai—Juni 10.) 315 
die angebotene Entschädigung für eine ausreichende Genugthuung, ohne jedoch 
damit etwaigen gerichtlichen Klagen vorgreifen zu wollen, welche die beiden 
Parteien anhängig machen könnten. Er schätze sich glücklich, die herzlichen 
Beziehungen zu den Vereinigten Staaten wieder herzustellen. 
Anf. Mai. Der Senat der Vereinigten Staaten nimmt wie 
das Repräsentantenhaus die Chinesen-Ausschluß-Bill an, welche der 
Senat an die Stelle der drakonischen, ursprünglich vom Hause ge- 
nehmigten und vom Senat verworfenen gesetzt hat. 
In ihrer ursprünglichen Form verfügte die Bill, welche die zehn- 
jährige Ausschlußakte von 1882 ersetzen sollte, daß kein Chinese, außer Ver- 
tretern der chinesischen Regierung, die Vereinigten Staaten betreten dürfe. 
Das jetzt von beiden Häusern des Congresses angenommene Gesetz verlängert 
das bestehende auf weitere zehn Jahre mit den folgenden Zusätzen: „1) Kein 
Chinese darf gegen Bürgschaft aus der Haft entlassen werden, wenn ein 
habeas corpus- Befehl vorliegt. 2) Alle jetzt in den Vereinigten Staaten 
befindlichen chinesischen Arbeiter sollen gezwungen werden, ihre Namen ein- 
tragen zu lassen; andere Chinesen, die keine Arbeiter sind, können sich ein- 
tragen lassen. Die Fälschung dieser Eintragsbescheinigungen zieht fünfjährige 
Gefängnisstrafe nach sich. Alle Chinesen, welche in Uebertretung des Gesetzes 
in die Vereinigten Staaten einwandern, sollen eine einjährige Gefängnis- 
strafe erleiden und darauf nach China zurückgeschickt werden.“ 
4. Juni. Der Staatssekretär Blaine reicht, um für die 
Präsidentschaft kandidieren zu können, seine Entlassung ein. Prä- 
sident Harrison nimmt sie an. Die Trennung vollzieht sich in sehr 
schroffer Form. An Blaine's Stelle tritt Wharton. 
10. Juni. (Minneapolis.) Die republikanische Konvention 
designiert im ersten Wahlgange mit großer Majorität Harrison 
zum Kandidaten der republikanischen Partei für die Präsidentschafts- 
wahl; Bloaine fällt durch. 
Die Konvention stellt ferner das Programm der Partei fest. 
Dasselbe tritt für den Schutzzoll ein, weist darauf hin, daß audere 
Länder sich immer mehr diesem System zuneigen, und stellt die Behauptung 
aus, daß die günstigen Handelsverhältnisse in Amerika demselben zuzuschreiben 
seien. Alle Artikel, die in den Vereinigten Staaten nicht fabriziert werden, 
ausgenommen Luxusgegenstände, sollen Zollfreiheit genießen. Von allen Ein- 
fuhrartikeln, die in Concurrenz mit amerikanischer Arbeit treten, sollen Zölle 
in Höhe des Unterschiedes zwischen dem heimischen und dem ausländischen 
Arbeitslohn erhoben werden. Zum allgemeinen Gebrauch bestimmte Manu- 
fakturwaren seien seit Einführung des M'Kinley-Tarifes im Preise gesunken. 
Das Programm wirft den Demokraten vor, sie versuchen, diesen Tarif Stück 
für Stück zu vernichten, wie ihre Angriffe auf die Woll= und Bleizölle 
beweisen, und ruft die Nation an, dieselben dafür zu richten. Es weist ferner 
auf den Erfolg der Reciprocitätspolitik der republikanischen Partei hin, eine 
Maßregel, die von den Demokraten aufs heftigste bekämpft worden sei. Die Ge- 
setze einer republikanischen Regierung werden Amerika bald die Herrschaft über 
den Welthandel verschaffen. Das amerikanische Volk, heißt es ferner, begünstigt 
den Bimetalismus und verlangt die Verwendung des Goldes wie des Silbers 
als Geld von gesetzlichem Werte gemäß den von der Regierung aufgestellten
	        
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