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gierungswechsel in England als ein dem franko-russischen Bündnis
günstiger Umstand in Rechnung gezogen werde, und unzweifelhaft
stand Lord Salisbury mit allen seinen Anschauungen dem Drei-
bund näher als Herr Gladstone. Im praktischen Thun aber, in
Bezug auf einen europäischen Krieg dürften sich die englischen
Ministerien nicht so sehr von einander unterscheiden. Ueberdies ist
der Unterschied zwischen Majorität und Minorität im englischen
Parlament so gering, daß sehr leicht bei einer Erregung der öffent-
lichen Meinung durch Umschlagen von wenigen Abgeordneten das
Szepter wieder aus der Hand der einen Partei in die der anderen
übergehen kann.
Das Viel wichtiger, ja als das einzig wichtige Ereignis der
„#ao#t internationalen Politik im Jahre 1892 erscheint die Stellungnahme
Frank= einer anderen Großmacht: des Papsttums. Im Herbst 1890 zeigten
üich, sich die ersten Anzeichen, daß die Kurie in dem großen europäischen
Gegensatz sich auf die französisch-russische Seite zu stellen gedenke
und diese Bewegung ist im Jahre 1892 zum Durchbruch gelangt.
In den inneren Verhältnissen Frankreichs ist der Punkt, wo sie
einsetzt. Schon seit vielen Jahren ist immer von neuem der Ge-
danke aufgetaucht und von diesem oder jenem Politiker betrieben
worden, daß die konservativen Elemente Frankreichs sich mit der
Republik aussöhnen und durch rückhaltlose Anerkennung dieser
Staatsform erst zu Einfluß und endlich zur Herrschaft gelangen
sollten. Der Gedanke ist aber nicht so leicht durchzuführen. Die
französischen Konservativen sind auf die Monarchie, sei es auf die
legitime, sei es auf die bonaparte'sche eingeschworen und müssen erst
von diesen Ideen losgelöst werden. Die Republik ist aus der
Revolution hervorgegangen und wie die Revolution von Anfang
an als Todfeindin der katholischen Kirche auftrat, so hat sich die
Kirche stets als der einzig sichere Hort gegen die Revolution ge-
priesen. Soll nun die Kirche, das einzig noch kräftige Element des
Konservatismus in Frankreich, sich mit der Republik und der Re-
volution verbinden? Als der Kardinal Lavigerie zuerst in autorita-
tiver Weise diese Hoffnung aussprach, erfolgte sofort ein leidenschaft-
licher Protest des Bischofs Freppel von Nantes (30. Nov. 1890).
Aber Rom stellte sich auf die Seite Lavigerie's und in diesem Jahr