Das Denische Reihh und seine einzelnen Glieder. (Januar 28.) 47
„Euere Exzellenz bitten die gehorsamst Unterzeichneten, Hochdieselben
wollen geneigtest Anweisung erteilen, daß den von der Kirche beauftragten
Priestern unbeschränkt die Erteilung, Leitung und Beaufsichtigung des reli-
giösen Unterrichts in den katholischen Volksschulen belassen, das Mitauf-
sichtsrecht über die Schule der Kirche wieder eingeräumt werde, niemand in
der Religion ohne kirchlichen Auftrag unterrichten und prüfen, nur katho-
lische Aussichtsbeamte über katholische Schulen gesetzt, die bestehenden Si-
multanschulen beseitigt und derartige Schulen nicht mehr errichtet werden
und für den Religionsunterricht der Gebrauch der polnischen, respektive
mährischen und böhmischen Muttersprache in jeder katholischen Volks-
schule, welche vorwiegend von Kindern flavischer Zunge besucht werden,
gestattet sei."“
Meine Herren, es ist ein merkwürdiges Zusammentreffen in dieser
Forderung, die unterschrieben war von 827 schlesischen katholischen Geist-
lichen, daß der Herr Kultusminister, der eine Vorlage einbringt, diesen
Forderungen entspricht, fast ganz genau mit Ausnahme der einen Bestim-
mung, daß nur katholische Aufsichtsbeamte über katholische Schulen gesetzt
werden können und mit Ausnahme der einen Bestimmung, daß der religiöse
Unterricht in der Muttersprache erteilt werden solle. Das kommt ja aber
wohl bald nach.
Es ist, man kann sagen, in dieser Petition von 827 römisch-katholi-
schen Priestern das Programm der Regierung, wie es größtenteils hier zur
Aussführung gelangen soll, enthalten.
Nun ist es merkwürdig, daß der Kultusminister, der das einbringt,
ein Schlesier ist, daß der Fürstbischof, der der Berater der Regierung für
dieses Volksschulgesetz ist, auch ein Schlesier ist, und daß der Führer des
Zentrums, der mit großer Energie diesen Gesetzentwurf verteidigt, der Ab-
geordnete Frhr. v. Huene, auch ein Schlesier ist. (Große Heiterkeit. Zuruf.)
— Und ebenso Herr Porsch. (Große Heiterkeit.)
Nun, meine Herren, die Provinz Schlesien verdankt ihr Glück, durch
ihre Zugehörigkeit zum preußischen Staate, der Thatkraft unseres größten
preußischen Königs, und es wird hoffentlich Vertretern dieser Provinz nicht
gelingen, den friederizianischen Geist der religiösen Freiheit, der sie be-
fruchtet hat, aus unserer Gesetzgebung zu nehmen. Ich hoffe nicht, daß es
den Führern aus dieser Provinz gelingt, die festesten und elementarsten
Grundsätze der preußischen Tradition auf dem Gebiete des Volksschulwesens
ins Schwanken zu bringen, wie es durch diese Vorlage geschehen würde,
wenn sie zum Gesetz erhoben wird. Ich hoffe, meine Herren, der Wider-
spruch, der von weiten Kreisen im Volke und von maßgebenden Stimmen
und Parteien hier im Hause gegen diesen Gesetzentwurf erhoben wird, wird
die Königliche Staatsregierung doch noch veranlassen, zu prüfen, ob die
Vorlage wirklich durchgearbeitet werden soll, ohne daß wichtige grundlegende
Bestimmungen aus derselben entfernt werden. Ich hoffe, meine Herren,
diese große Frage des Volksschulunterrichts wird nicht nach der Seite der
Befürchtung und der Angst hin gelöst werden, die heute große Teile unserer
deutschen Bevölkerung beherrscht. (Lebhaftes Bravo bei den Nationallibe-
ralen. Zischen im Zentrum.)
Kultusminister Graf v. Zedlitz-Trützschler:
Meine Herren, ich bitte Sie, mir zu gestatten, zunächst nicht auf die
Einwendungen des Herrn v. Eynern einzugehen, — ich behalte mir das
vor, — sondern auf eine Frage zurückzugreifen, die von den Vorrednern
zunächst in der vorigen oder vorvorigen Sihung — das weiß ich nicht ge-
nau — und heute wieder angeschnitten worden ist; das ist die Frage der