Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Achter Jahrgang. 1892. (33)

Das Denische Reihh und seine einzelnuen Glieder. (Januar 28.) 49 
achtet, mit einem solchen Herrn über so tiefe und wichtige Fragen zu de- 
battieren, das ist mir eine Ehre. 
Aber ich muß leider bekennen, die Art und Weise, in die der Herr 
Abgeordnete v. Eynern seine Ausführungen kleidet, ist nicht so offen, und 
stellt doch eine ganze Reihe von Dingen in eine Beleuchtung, die nicht die 
Beleuchtung der Dinge, sondern die Beleuchtung des Herrn Abgeordneten 
v. Eynern ist, und die in einem sehr bedenklichen Maße persönlich verletzend 
und objektiv nicht zutreffend ist. 
Meine Herren, die Rede des Herrn Abgeordneten v. Eynern scheidet 
sich in zwei ganz getrennte Teile, einen rein kritischen negativen und einen 
positiven. Diesen kritischen Teil werde ich zuerst einmal vornehmen. Da 
kommt er mit der Behauptung: dieses Gesetz, das der neue Minister uns 
vorgelegt hat, konstruiert ein Kondominium der Kirche in der Schule. Der 
Herr Abgeordnete ist so gütig, dabei durchleuchten zu lassen — das geht 
ja aus seinen ganzen Ausführungen hervor — daß ich eigentlich gar nicht 
der so schlimme Mann bin; dazu wäre ich viel zu unfähig, das müßten 
die Leute sein, die neben mir stehen, ich wäre ja, wie ich vorgestern schon 
gesagt habe, eigentlich nur der negotiorum gestor anderer; er sagt, es 
wäre ja auch gar nicht möglich, daß ein Mensch in den paar Monaten dieses 
Gebiet so beherrschen gelernt habe. 
Mein verehrter Herr Abgeordneter, ich habe es wirklich beherrschen 
gelernt, und überhaupt in meinem Leben gelernt, zu arbeiten, und weil ich 
das gelernt habe, deshalb finde ich mich auch auf diesem Gebiete zurecht. 
Und was heißt denn nun das mit dem Kondominium? Die Herren 
von der nationalliberalen Partei haben von Anfang an eine völlig prin- 
zipielle Gegnerschaft gegen das Gesetz eingenommen. Mir war dies unver- 
sandlih ich habe auch heute noch nicht einen völlig klaren Einblick, worauf 
es beruht. 
Es wird ja alles Mögliche gefabelt von großen politischen Gedanken, 
die in der Ausführung begriffen Aind (Zuruf links); — gefabelt, ja, das 
nehme ich auch an, selbst die rührende Rütliszene im Reichstage 
(Stürmische Heiterkeit.) 
kann doch wirklich nicht annehmen, daß die nationalliberale 
Partei dieses Gesetz benutzen will, und in dieser Form, um es als Eckstein 
einer neuen großen Parteigruppierung zu gebrauchen. Und mit dieser Be- 
gründung, meine Herren! Alles, was hier bisher gegen das Gesetz gesagt 
worden ist, in seinen einzelnen positiven Teilen läßt sich Wort für Wort 
widerlegen. Nicht ich habe aus dem Wust von undurchsichtigem Akten- 
material, welches angeblich im Kultusministerium vorhanden sein soll, die 
Ihrer Meinung nach natürlich schauderhaftesten und schlimmsten Reskripte 
herausgeschnitten und wie ein untergeordneter Redakteur einer Zeitung mit 
der Papierscheere gearbeitet und etwas kompilatorisch zusammengeschnitten; 
(Zurufe von den Nationalliberalen: sehr geschickt!) — sehr geschickt? Ich 
danke sehr (Heiterkeit). Aber das ist doch leider einmal Thatsache und Sie 
können es doch gar nicht leugnen, daß diese also geschickt kompilierten Be- 
stimmungen von Leuten Ihrer Farbe konzipiert worden sind. Es ist doch 
der Herr Staatsminister Dr. Falk und die vorjährige Kommission des Ab- 
geordnetenhauses gewesen, welche dies gemacht hat. 
Herr v. Eynern hat mit der größten sittlichen Entrüstung darauf 
hingewiesen, daß ich es so machen wollte, daß der Lehrer durch den Geist- 
lichen aus der Schule vertrieben werden könne, und daß man den Lehrer 
dadurch zu einem Augenverdreher, zu einem Heuchler, und ich weiß nicht, 
was alles, zu einem sittlich heruntergekommenen Subjekt mache, der lediglich 
dem Geistlichen in die Hand gegeben werde. Und nun, meine Herren, steht 
Europ Geschichtskalender. Bd. XXXIII. 4
	        
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