Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Achter Jahrgang. 1892. (33)

52 Das NVenische Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 28.) 
Meine Herren, was an wesentlich äußeren und zu einem Teil auch 
an inneren Angelegenheiten jetzt die zweiten Abteilungen der Königlichen 
Regierungen bearbeiten, soll auf die Gemeindeorgane und auf die Kreis- 
organe übergehen, in den Städten also auf die Gemeindeorgane; und ich 
bin so weit gegangen, daß ich nicht einmal den vorjährigen Unterschied von 
Städten bis zu 10,000 Einwohnern und darüber aufrecht erhalten habe, 
sondern daß ich die Städte allgemein mit diesen weitgehenden Befugnissen 
ausrüsten will. Was dann aber noch übrig bleibt, das sind ja wesentlich 
innere Fragen, das sind Bestimmungen, wie sie in den ersten Paragraphen 
des Gesetzes enthalten sind über Feststellung von Lehrplänen, Berücksichtigung 
der konfessionellen Verhältnisse, Aufsichtsbefugnisse; das geht an die Firma 
der Regierungspräsidenten über, aber wenn Sie den entsprechenden Gesetz- 
entwurf gelesen hätten, würden Sie sehen, unter Beifügung aller der Räte, 
welche jetzt die Abteilungen der Regierung ausmachen, also auch des Ober- 
regierungsrats und der technischen Herren Räte. Herr v. Eynern, Sie be- 
urteilen mich natürlich — und das kann ich Ihnen nicht verdenken — sehr 
ungünstig, aber daß ich die Arbeiten von Schulangelegenheiten eben aus 
dem Examen kommenden Assessoren überliefern sollte, für so thöricht müssen 
Sie mich wirklich nicht halten. Ich bin mir sehr wohl bewußt, daß ein 
großer Teil der Opposition gegen diesen Schulgesetzentwurf aus technischen 
Kreisen stammt, aber trotz dessen weiß ich und erkenne sehr dankbar an, daß 
diese Schultechnik, wie sie bisher stattfand, dem preußischen Staat und auch 
der preußischen Schule erhalten werden soll. Ob diese Herren einem Kollegium 
und zwar einem solchen, in dem, wenn ich Ihnen einmal aus der Schule 
plaudern soll, doch der Regierungspräsident das ausschlaggebende Wort spricht, 
angehören oder ob sie direkt dem Regierungspräsidenten beigegeben sein sollen, 
das ist sachlich ganz gleich. Aber der Unterschied ist in meiner Organisation 
doch der: während jetzt diese wertvollen technischen Kräfte mit einer Anzahl 
nebensächlichen, kleinlichen, statistischen, äußerlichen Materials belastet sind, 
während sie, obwohl sie häufig davon sehr wenig verstanden, gezwungen 
wurden, in die Gemeinden hinein zu regieren, sollen sie sich jetzt den idealen 
und großen Aufgaben ihres Amtes widmen, sie sollen revidieren, sie sollen 
eine Stütze und Hülfe des Lehrers werden. 
Meine Herren, der Herr Abgeordnete v. Eynern ist dann auf den 
Religionsunterricht übergegangen als den dritten Gegenstand seiner positiven 
Gesichtspunkte. Nebensächlich hat er hervorgehoben, daß er ja gar kein Be- 
fürworter des Schulvorstandes, wie ich ihn konstruiert hätte, wäre. Das 
erkenne ich jetzt nach seinen Ausführungen auch an, aus den vorjährigen 
Berichten war das nicht zu ersehen; indessen auch das sind Fragen der Er- 
örterung im einzelnen. Ich glaube, über diese Dinge hätten wir uns sehr 
leicht verständigen können, wenn die Herren nicht durch ihre prinzipiell ab- 
lehnende Stellungnahme von Anfang an jede Diskussion über derartige 
Fragen im Detail unmöglich gemacht hätten. Aber die Ausführungen be- 
züglich des Religionsunterrichts treffen den Kern der ganzen Sache und be- 
weisen, daß wir wirklich auf einem innerlich so verschiedenen Boden stehen, 
daß wir nicht zusammenkommen können. Meine Herren, Sie sagen: wir 
wollen auch Religion! und haben mit vieler Entrüstung — aber doch an 
eine falsche Adresse, als Sie sich an mich wandten — abgewiesen, daß man 
Ihnen unterstellt, Sie wollten eine religionslose Schule. Ich habe aus- 
drücklich am letzten Tage erklärt: ich erkenne dankbar an, daß die Herren 
keine religionslose Schule wollen. Wie kommen Sie dazu, ein derartiges 
Fechterkunststück — ich brauche den Ausdruck, den Sie angewandt haben —, 
mir zu unterschieben! 
Also die Herren sagen: Grundlehren des Christentums. Ja, was
	        
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