68 Das Neuische Reich und seine einzelnen Glieder. (Febr. 8.— Mitte.)
3% Anleihe zum Kurse von 83,60 werden im ganzen 1020 Mill.
gezeichnet.
8. Februar. (Reichstag.) Minister v. Bötticher sagt über
das Alters= und Invaliditätsversicherungsgesetz:
Die im Jahre 1891 insgesamt zur Auszahlung gekommene Summe
an Renten ist überschläglich auf 15,45 Millionen Mark anzunehmen. Der
Kapitalwert dieser gesamten Rentenlast berechnet sich nach versicherungs-
technischen Grundsätzen auf rund 54,5 Millionen Mark; wird dazu nach der
Vorschrift des Gesetzes ein Reservefonds im Betrage von 10,9 Millionen
Mark hinzugelegt, und wird an Verwaltungskosten der in der Denkschrift
zu dem Gesetzentwurf angesetzte Betrag von rund 11 Millionen, nämlich für
den Kopf der Versicherten eine Mark, gleichfalls hinzugerechnet, so stellt sich
die den Versicherungsanstalten im Laufe des Jahres 1891 erwachsene Be-
lastung auf zusammen 76,4 Millionen Mark, und wenn Sie damit ver-
gleichen die Einnahme von 88,8 Millionen Mark, welche erwachsen ist durch
den Verkauf von Versicherungsmarken durch die Postanstalten, so werden die
Herren mir zugeben, daß der Bedarf des ersten Jahres für die Versicherungs-
gesellschaften — und ich wiederhole: nicht bloß der Rentenzahlungsbedarf,
sondern der Bedarf, wie er sich nach der Kapitalisierung der Rente heraus-
stellt — mehr als gedeckt ist.
Dabei ist freilich — und diese Einschränkung mache ich sofort —
nicht außer Acht zu lassen, daß im ersten Jahre in der Hauptsache nur
Altersrenten und nur wenige Invalidenrenten gezahlt worden sind. Allein,
meine Herren, wenn ich nun weiter in Betracht ziehe, daß — angenommen,
im Durchschnitt der Gesamtheit aller vier Lohnklassen wäre der Beitrag der
zweiten Lohnklasse für jede versicherungspflichtige Person zu zahlen — man
zu dem Ergebnis kommt, daß danach im ganzen 103 Millionen Mark hätten
einkommen müssen, dann ist das Ergebnis des ersten Jahres, daß hier über
88 Millionen Mark Marken gelöst worden sind, ein außerordentlich gün-
stiges. Ich zweifle nicht daran, daß die Fehler, die in der Heranziehung
der versicherungspflichtigen Personen bisher noch bestehen, vielleicht niemals
vollständig, aber von Jahr zu Jahr in immer erhöhtem Maße abgestellt
werder können.
Mitte Februar. Zahlreiche Petitionen und Resolutionen
gegen das Voklksschulgesetz, wenige dafür, gehen beim Abgeord-
netenhause ein. Diejenige der Berliner Universität lautet:
„richten die unterzeichneten ordentlichen Professoren der königlichen
Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin die Bitte, zu der sie sich — im Hin-
blick auf den inneren Zusammenhang unseres gesamten Unterrichtswesens und
die unvermeidliche Rückwirkung aller für einen seiner Teile getroffenen Maß-
regeln auf die andern — nicht bloß als Staatsbürger, sondern noch beson-
ders als Universitätslehrer aufgefordert finden:
Hochdasselbe wolle bei der Beratung des ihm vorgelegten Volksschul-
gesetzes unter Festhaltung der im § 1 ausgesprochenen Ziele der Volksschule
keiner Bestimmung seine Zustimmung erteilen, von der zu befürchten ist,
daß durch ihre gesetzliche Sanktionierung die gegenwärtig bestehende Befug-
nis des Staates zur Leitung des öffentlichen Unterrichts beschränkt, der Ein-
fluß außerstaatlicher Mächte auf die Schule, insbesondere infolge der Be-
freiung des Privatschulwesens von den jetzt geltenden Schranken, verstärkt,
das Schulwesen der städtischen Gemeinden geschädigt, die Stellung der Volks-
schullehrer beeinträchtigt und infolge davon ein Teil dieses verdienten