152 Das Dentshe Reih und seine einzelnen Glieder. (Nov. 16.—21.)
selben zugleich den Anknüpfungspunkt für die vertragsmäßige Regelung
unserer Handelsbeziehungen zu anderen Staaten bilden würden, hat sich
inzwischen insoweit erfüllt, als es gelungen ist, auf der durch jene Verträge
geschaffenen Grundlage auch mit Spanien, Rumänien und Serbien neue
Handelsverträge zu vereinbaren. Die Verträge, durch welche unserem Güter-
austausch mit diesen Ländern die wünschenswerte Stetigkeit und die Mög-
lichkeit gedeihlicher Entwickelung geboten wird, werden Ihnen zur verfassungs-
mäßigen Beschlußnahme zugehen.
Im Einverständnis mit Meinen hohen Verbündeten habe Ich Mich
veranlaßt gesehen, Rußland gegenüber von der Befugnis einer außerordent-
lichen Erhöhung der Einfuhrzölle Gebrauch zu machen. Die von Mir er-
lassenen Verordnungen werden Ihnen sofort mitgeteilt werden. Ich gebe
Mich der Hoffnung hin, daß der Verlauf der schwebenden Handelsvertrags-
verhandlungen mit Rußland zur Beseitigung dieser Maßnahmen führen wird.
Dank den energischen Bemühungen, welche die verbündeten Regie-
rungen aufgewendet haben, ist es gelungen, die verheerende Epidemie, welche
im vergangenen Jahre schwere und schmerzliche Opfer gefordert hatte, seit-
dem fernzuhalten und, wo sich vereinzelte Krankheitsfälle zeigten, ihrer Ver-
breitung erfolgreich entgegenzutreten.
Die gewonnenen Erfahrungen noch wirksamer zu verwerten und die
Abwehrmaßregeln zu dauernden und einheitlichen zu gestalten, ist der Zweck
eines Gesetzentwurfs, welcher Ihnen vorgelegt werden wird.
Um die mit der pflichtmäßigen Strenge jener Abwehrmaßregeln ver-
einbare Schonung des internationalen Verkehrs thunlichst sicher zu stellen,
hat unter Beteiligung des Reichs im Frühjahr in Dresden eine von der
Mehrzahl der europäischen Staaten beschickte Konferenz stattgefunden, deren
Beschlüsse Ihnen zur Genehmigung zugehen werden.
Die Erledigung der Ihnen auf finanziellem und handelspolitischem
Gebiet gestellten Aufgaben wird Ihre Arbeitskraft in so hohem Maße in
Anspruch nehmen, daß die verbündeten Regierungen es für ratsam erachtet
haben, den Kreis der Vorlagen im übrigen thunlichst einzuschränken.
In dem Verhältnis Deutschlands zum Auslande ist eine Aenderung
nicht eingetreten. Bei Fortdauer der engen Freundschaft mit den zur Ver-
folgung gemeinsamer friedlicher Zwecke uns verbündeten Reichen stehen wir
zu allen Mächten in guten und freundlichen Beziehungen. Ich gebe Mich
daher der Zuversicht hin, daß uns mit Gottes Hilfe die Segnungen des
Friedens auch fernerhin werden erhalten bleiben."“
16. November. In Berlin findet die Vereidigung der Re-
kruten statt, der Kaiser hält folgende Ansprache:
„Ihr habt soeben vor Gottes Antlitz Mir Treue geschworen und
seid hierdurch in demselben Augenblick Meine Soldaten und Meine Kame-
raden geworden. Ihr habt die Ehre, zu Meiner Garde zu gehören und in
und um Meinen Wohnort, Meine Hauptstadt zu stehen. Ihr seid berufen,
Mich in ersten Linie vor dem äußeren und inneren Feind zu schützen: Seid
treu und vergeßt nicht, daß Euere Ehre die Meinige ist.“
21. November. Der Reichsanzeiger schreibt:
Verschiedene Blätter beschäftigen sich mit einer Unterhaltung, die
der Reichskanzler im Oktober d. J. mit dem Abg. Freiherrn v. Manteuffel
gehabt hat, und geben dieselbe dem Wortlaut wie der Tendenz nach falsch
wieder. Der wesentliche Inhalt und Verlauf der Unterhaltung war viel-
mehr der folgende:
Nachdem Freiherr v. Manteuffel sich nach den Absichten der Regie-