156 Jas Dentsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Nov. 27. — 28.)
staaten abzuführenden Beträge mit insgesamt 382,708,492 M, als die Höhe
der Matrikularbeiträge und das Abschlußergebnis des Reichstages nicht be-
einflussend, ausgeschieden, so stellt sich für die fortlaufenden und einmaligen
Ausgaben im ordentlichen Etat der Bedarf auf 784,101,917.4, also ein
Mehr von 45,098,112.“4, und im außerordentlichen Etat der Gesamtbedarf
auf 138,821,820 J¾, also ein Weniger von 78,713,655.4
Zur Deckung des Fehlbetrages werden neue Steuern vorge-
schlagen, deren Erträgnisse folgendermaßen veranschlagt werden:
Tabaksteuer mehr als bisser 45, 000,000 4
Weinsteuer a) Naturwmieieen 192,738, 730 „
b) Schaumwein 4444,818 „
Stempelsteuer mehr
a) für Aktien 2e. 44400,000 „
b) „ Kauf= und,. Anschaffungs-Geschäfte 11,000,000 „
c) „ Lotterielseee 5,00,000 „
d) „ Quittungegen 6,500,000 „
e) , Checcks 650,000 „
f) „ Frachtpapiere . . . 8,500,000
Zusammen 98,733,578 M
Der auf diese Weise erzielte Überschuß soll nach einem eigenen
Reichsfinanzgesetz derart verwendet werden, daß den Einzelstaaten
vom Reich für die nächsten 5 Jahre die feste Summe von 40 Mill.
Mark überwiesen werden, statt der bisher schwankenden Zuschüsse
oder Überweisungen.
— 27.—28. November. Jagdaufenthalt des Kaisers in Neu-
gattersleben.
28. November. Im Lauf der Etat-Debatte rechtfertigt der
Finanzminister Miquel die Steuervorlagen.
Persönlich halte er eine direkte Besteuerung seitens des Reichs wohl
für zulässig, aber wenn einer solchen direkten Besteuerung des Reichs ein
rechtliches Hindernis nicht entgegenstehe, so sei doch thatsächlich mit Rück-
sicht auf die Einzelstaaten und deren Existenzbedingungen eine solche nicht
thunlich und nicht durchführbar. Wäre man so aus praktischen Gründen
auf die indirekten Steuern angewiesen, so sei doch nicht zu bestreiten, daß
die Besteuerung des Weines besonders angezeigt erscheine, da derselbe doch
vorzugsweise die Wohlhabenden treffe. Man habe auch wohl die Wehr-
steuer vorgeschlagen. Wir hätten ja auch bereits eine solche Vorlage gehabt;
indes seien die Bedenken gegen eine solche Steuer in einem Föderatiostaat
doch überwiegend. Die Kosten für die Sicherheit des Reichs würden immer
nur auf dem Wege der indirekten Besteuerung aufgebracht werden können.
Eine Erbschaftssteuer würde die Mittelklassen sehr schwer treffen; wenn man
aber bloß die großen Vermögen besteuern wolle, würde das wenig bringen.
Der Finanzminister rechtfertigte dann die vorgeschlagene Tabaksteuer, welche
den Konsum keineswegs so wesentlich vermindern werde, wie die Agitation
es behaupte. Deutschland habe sich zudem im Vergleiche zu anderen Län-
dern mit einer sehr geringen Besteuerung dieses Genußmittels begnügt.
Glauben Sie, meine Herren, daß es auf die Dauer möglich ist, in Deutsch-
land sich mit einer Besteuerung dieses weit verbreiteten Genußmittels zu
1 & pro Kopf zu begnügen, wenn Frankreich 7 J¾ hat, England allein mit