Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunter Jahrgang. 1893. (34)

178 Bie Gesterreichisch-Angerische Moenarchie. (Mai 3.—15.) 
3. Mai. Reise des Kaisers nach Pest. Glänzender Empfang. 
9. Mai. (Pest: Oberhaus.) Nach Graf Szaparys Rede 
beantragt Desewffy ein formelles Mißtrauensvotum und Ablehnung 
des Budgets. Bischof Schlauch entwickelt aufs eingehendste die Ge- 
schichte des kirchlichen Programms der Regierung und kennzeichnet 
die Gefährlichkeit desselben. Minister Csaky führt die amtlichen 
Dokumente an, wonach der frühere Fürstprimas ganz freiwillig die 
Ausfolgung der Matrikelauszüge weggetaufter Kinder anordnete, 
und erklärt, er habe dreimal demissioniert, jedesmal hätten sich aber 
die kompetentesten Faktoren geweigert, seine Demission anzunehmen; 
er erachte es daher als Ehrenpflicht, auszuharren und die Prinzi- 
pien seiner Überzeugung geltend zu machen. Der Staat könne sich 
nicht vor einer Konfession beugen. Die Lösung sei nur dann für 
den konfessionellen Frieden günstig, wenn der Kirche Freiheit in 
ihrem eigenen Wirkungskreis gelassen, dasselbe aber auch dem Staat 
für seine Sphäre gewährleistet werde. Anton Zichy und Paul 
Szontagh treten für Bewilligung des Budgets ein, Superintendent 
Teutsch für Erhaltung des Gesetzes von 1868; Nikolaus Zay spricht 
sich gegen das Budget aus. 
10. Mai. (Pest.) Das Oberhaus genehmigt mit über- 
wiegender Majorität das Budget und nimmt sodann mit 85 gegen 
56 Stimmen den Antrag Geza Szaparys an, wonach das Haus 
das kirchenpolitische Programm der Regierung nicht billigt und 
demselben seine Zustimmung verweigert. 
15. Mai. (Pest: Abgeordnetenhaus.) Abg. Polonyi meldet 
eine dringende Interpellation in der Angelegenheit des Verbots der 
Teilnahme der Offiziere an der Enthüllungsfeier des Honved-Denk- 
mals an. Der Ministerpräsident Dr. Wekerle erklärt, der Reichs- 
kriegsminister habe in dem von ihm erlassenen Verbot in höchsten 
Ehren und mit größter Pietät der 1848/49 gefallenen Honveds ge- 
dacht; das Recht des Reichskriegsministers zu einem die gemeinsame 
Armee betreffenden Erlaß stehe außer allem Zweifel. Für die be- 
züglich des Erlasses ausgesprochene Befürchtung politischer Demon- 
strationen treffe nicht die Regierung, sondern vielmehr das Ver- 
halten der Unabhängigkeitspartei die Verantwortung. 
15. Mai. Im böhmischen Landtage geraten die Jung- 
tschechen in große Erregung infolge der Mitteilung des Oberst- 
Landmarschalls Fürsten Lobkowitz, daß mit Unterbrechung der Budget- 
debatte der Kommissionsbericht, betreffend die Errichtung eines Kreis-
	        
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