Die Gesterreichisch-Augarische Monarchie. (Mai 18.—26.) 181
zu Boden, werfen die Urne um 2c. Mit der Gewalt der Fäuste bahnen sie
sich sodann den Weg bis zum Oberst-Landmarschall, welcher sich ihnen ent-
gegenstellt, und schreien ihm zu: „Herunter mit ihm!“ Der Großgrund-
best und die Deutschen umgeben den Berichterstatter, und der Oberst-Land-
marschall verläßt schließlich mit dem Prinzen Ferdinand Lobkowitz und dem
Grafen Buquoy, lebhaft gestikulierend, den Saal, während der Statthalter
von seinem Platze aus eine Depesche abfertigt, welche der Bezirkskommissär
hinausträgt. Es entsteht nunmehr eine zwanzig Minuten lange Pause, da
der Oberst-Landmarschall nicht im Saale ist. Nach halb 1 Uhr erscheint
der Oberst-Landmarschall wieder und verkündet, daß nach der vorgegangenen
Störung die Sitzung aufgehoben sei. Hierauf verläßt er sofort wieder den
Saal. Die Großgrundbesitzer und die Deutschen folgen langsam, während
die Jungtschechen nicht vom Platze weichen und schreien, man wolle sie hin-
ters Licht führen, und die Sitzung hinter ihrem Rücken wieder eröffnen.
Sie verlangen, zu wissen, wann die nächste Sitzung sein werde. Da sie
hierauf keine Antwort erhalten, schreien sie wild durcheinander; schließlich
erklärt Dr. Herold, man müsse auf der Hut sein, es dürfe keine Sitzung
stattfinden, ehe sie nicht bekanntgegeben werde. Gregr macht den Vorschlag,
sich in den jungtschechischen Klub zu begeben, was auch geschieht. Im Klub
warten sie die neue Sitzung ab.
18. Mai. (Wien.) Das offiziöse „Fremdenblatt“ nenunt die
Jungtschechen eine Pöbelpartei, gegen deren Kriegsruf die gesetzliche
Ordnung zu schützen Aufgabe der Deutschen und des Adels sei.
Die Geschicke Böhmens dürften nicht den Gregr und Vasaty über-
antwortet werden.
18. Mai. Der böhmische Landtag wird durch Verordnung
des Kaisers geschlossen.
19. Mai. (Pest.) Die Unabhängigkeitspartei löst sich auf.
Ein Teil, wesentlich protestantisch, unter Eötvös bildet eine neue
Fraktion, die die Kirchenpolitik der Regierung unterstützen will.
23. Mai. Anton Ritter v. Schmerling f.
25. Mai. (Wien.) Den versammelten Delegationen wird
der gemeinsame Staatsvoranschlag Österreich= Ungarns für 1894
vorgelegt. Er beläuft sich nach Abzug des Zollüberschusses in Höhe
von 44,370,180 fl. auf 100,878.320 fl. oder 4,104,106 fl. mehr als
im Vorjahre. Das ordentliche Heereserfordernis ist um 5,276,800 fl.
größer, das außerordentliche um 1,274,800 fl. geringer als 1893,
so daß das thatsächliche Mehr des Heereserfordernisses 4,002,000 fl.
beträgt.
26. Mai. (Prag.) Gegen die Deutschen, insbesondere Plener
finden große Straßen= und andere Kundgebungen statt.
Zunächst wiederholte der Jungtscheche Czernohorsky im Prager Stadt-
rat seinen Antrag auf Erlassung einer Zustimmungserklärung zum Ver-
halten der Jungtschechen im Landtag. Er bedauerte, daß die Prager Ge-
meindeordnung keine Bestimmung enthalte, wonach man dem Abg. Plener das
Betreten des Prager Gemeindegebiets verbieten könnte. Abends traf dann der