184 Bie Gesterreichisch-Augarische Menarthhie. (Juni 5.)
Die Abstimmung ergibt die einstimmige Annahme des bean-
tragten Vertrauens-Ausdruckes für den Grafen Kalnoky, worauf
in der Spezialdebatte das Budget des Ministeriums des Aus-
wärtigen unverändert angenommen wird.
Die russische Presse über die Rede des Grafen Kalnoky vyl.
Rußland.
Die österreichischen Blätter bezeichnen als die wichtigsten Punkte
derselben den Umschwung der Beziehungen zu Rußland und das
schöne Zukunftsbild der europäischen Abrüstung. Die „Neue Freie
Presse“ sagt:
Die Schilderung, welche der Minister von dem Verhältnis Oester-
reichs zu Rußland entwarf, ist an und für sich ein wichtiges, erfreuliches
und überraschendes Ereignis. Diese Stelle enthüllt eine bedeutsame Wen-
dung. Der Minister muß wohl Beweise haben, denen vielleicht die Trag-
weite eines praktischen und abschließenden Ereignisses nicht zukommt, die
aber trotzdem einen politischen Wandel verkünden. Kalnoky, der jedes Wort
ängstlich prüft, verheißt die Möglichkeit einer dauernden Friedensperiode,
deren Segnungen nicht durch den harten Druck neuer militärischer Rüstungen
verleidet und verkümmert werden. Man hätte beinahe einen Gegensatz zu
den militärischen Bestrebungen des deutschen Reichskanzlers heraushören
oder richtiger herausklügeln können, wenn Graf Kalnoky sich nicht beeilt
hätte, hinzuzufügen, daß dieser heilbringende Tag noch nicht erschienen sei
und die Regierung in der Sorge für eine fortgesetzte Stärkung der Wehr-
fähigkeit nicht ermüden dürfe. Endlich eröffnet sich jedoch die Aussicht auf
eine Grenze für die Steigerung der Lasten, unter welchen die Völker zu
erliegen drohen.
5. Juni. Im Budgetausschuß der österreichischen Delegation
nimmt Graf Kalnoky nochmals Gelegenheit, über die friedliche Lage
Europas sich zu äußern. Er spricht zunächst sein lebhaftes Be-
dauern darüber aus, daß namentlich in einigen deutschen Zeitungen
seine Außerungen falsch interpretiert worden seien. Kalnoky äußert
in dieser Beziehung:
„Ich will nicht auf die mehr oder weniger verletzenden Imputationen
einiger Blätter eingehen. Es ist mir aber zu wichtig, daß über unsere
Politik in Deutschland keinerlei Mißverständnis Wurzel fasse, um nicht auf
die gedachten falschen Auffassungen zu reflektieren, die sogar die Basis un-
serer Politik, nämlich unsere Bündnisse und unser Verhältnis zu denselben,
anzuzweifeln versuchten. Ich sprach in meinen Ausführungen deutlich aus,
daß unsere Bündnisse fest und unverändert fortbestehen, daß auch in der
Fortdauer der innigen Beziehungen keine Aenderung eingetreten ist. Es
liegt kein Grund vor, hieran zu zweifeln. Die aus meinen Worten heraus-
interpretierten Zweifel wolle man darauf basieren, daß man in meiner aus-
gesprochenen Ueberzeugung bezüglich der befestigten Friedenshoffnungen und
in den Aeußerungen bezüglich unserer freundlichen Beziehungen zu Rußland
einen Gegensatz zu dem von dem Berliner Kabinette eingenommenen Stand-
punkt erblicken will, eine Auffassung, die unbegründet ist. Was die wach-
sende Zuversicht auf die Erhaltung des Friedens betrifft, so ist dieselbe,