192 Jie Gesterreichis-Augarische Monarchie. (Oktober 7.—13.)
sollte, neue Gesetzesmittel beantragen. Der Ministerpräsident kündigt sodann
die demnächstige Vorlegung eines Gesetzentwurfes betreffend das Versamm-
lungsrecht an. Die Verfassung und die Gesetze seien niemals vorher so
energisch betont worden wie in Boros-Sebes, und es sei bedauerlich, daß
gerade ungarischerseits die Ermahnung des Monarchen devolviert worden.
Der Ministerpräsident wies endlich auf den im öffentlichen Leben zu Tage
tretenden Terrorismus hin, betonte den bleibenden Charakter der Ausgleichs-
bafis und stellte eine baldige Vorlage betreffend die ungarische Hofhaltung
in Aussicht.
7. Oktober. (Agram.) Die Landesversammlung evange-
lischer Kirchengemeinden Augsburger Konfession beschließt die Los-
sagung vom ungarischen Kirchenverband und Gründung einer auto-
nomen kroatischen Landeskirche.
10. Oktober. (Wien: Abgeordnetenhaus.) Der Finanz-
minister Dr. Steinbach überreicht das Budget für 1894, dessen Ge-
samterfordernis sich auf 618.694,237 fl. beläuft; die Gesamtdeckung
beträgt 619,105,779 fl.; der Überschuß beträgt demnach 411,542 fl.
Der Ministerpräsident Graf Taaffe bringt eine Vorlage ein
betreffend die Einführung des allgemeinen Wahlrechts auf der Grund-
lage des Bildungszensus und unter Aufrechterhaltung der Kurie
des Großgrundbesitzes.
Taaffe erklärt, die Regierung habe in der Ueberzeugung, daß die Er-
örterung der Wahlrechtsreform nicht weiter hinausgeschoben werden könne,
selbst die Initiative in dieser wichtigen Frage ergriffen. Der Gesetzentwurf
bringt unter Festhaltung an den Grundsätzen der bestehenden Verfassung den
Gedanken zum Ausdruck, allen denjenigen, welche die staatsbürgerlichen
Pflichten in der vom Gesetze vorgeschriebenen Weise erfüllen, die Teilnahme
an dem politischen Leben durch Ausübung des Wahlrechts zu ermöglichen,
wobei nach der Anschauung der Regierung nur die aus allgemeinen staat-
lichen Gesichtspunkten als unabweisbar gebotenen Beschränkungen eintreten
sollen. Bei der großen Wichtigkeit und Dringlichkeit der Vorlage ersucht
der Ministerpräsident Graf Taaffe, unmittelbar nach der Erledigung der
heute eingebrachten Budgetvorlagen in die meritorische Beratung der Wahl-
rechtsreform einzugehen.
13. Oktober. (Wien: Abgeordnetenhaus.) Ein Wahl-
reformantrag des Abg. Baernreither (deutsche Linke), welcher eine neue
Wählerklasse der krankenversicherungspflichtigen Arbeiter vorschlägt,
welche zwanzig Abgeordnete wählen soll, wird eingebracht.
Erste Lesung der böhmischen Ausnahmeverordnung.
Im Verlaufe der Debatte sprechen die Jungtschechen Eim und Slama
und der Kroate Biankini gegen die Ausnahmeverfügungen. Im Namen
der Deutschnationalen erklärt Bareuther, daß dieselben gegen die Ausnahme-
verfügungen stimmen würden. Heilsberg gab auf Grund eines einstimmigen
Beschlusses der deutschen Linken die Erklärung ab, die Partei werde die
Aufklärungen der Regierung in dem Ausschusse entgegennehmen, erkläre
jedoch, daß sie die Regierung für die beklagenswerten Zustände in Böhmen
verantwortlich mache. Die Partei spricht ferner die entschiedene Verurtei-