Erankreih. (Februar 27.) 227
und in den Kreisen der haute finance sich zuträgt, bekanntlich behauptet,
daß die beiden radikalen Parteigrößen Floquet und Clémenceau im Verein
mit dem ehemaligen Kriegsminister Hrn. de Freycinet im Jahre 1888 mit
Erfolg bemüht gewesen seien, zwischen der Panama-Gesellschaft und Hru.
de Reinach, der wegen Nichterfüllung übernommener Verbindlichkeiten mit
der Anrufung der Gerichte drohte, einen Ausgleich zu Stande zu bringen
und auf diese Weise einen Eclat zu verhindern, der die Interessen des
Staates und der Gesellschaft in hohem Grade geschädigt haben würde. Der
„Figaro“ folgerte daraus, daß jene Herren gewisse Panama-Skandalosa, von
denen sie nicht das mindeste gewußt haben wollen, in der That sehr genau
ekannt haben müßten, daß es ihnen aber aus persönlichen oder Parteirück-
ichten ratsam erschienen sei, weiteren Kreisen einen Einblick in die Sach-
lage zu verwehren. Clémenceau antwortete darauf in der „Justice“ mit der
Erklärung, daß der „Vidi“- Artikel ein Gewebe von Unwahrheiten und Ent-
stellungen sei. Das war eine arge Unvorsichtigkeit, denn heute veröffentlicht
der „Figaro“ den Wortlaut der wunderbarer Weise mit Doppelnummern
versehenen Aktenstücke aus dem Dossier des Untersuchungsrichters, welche die
Aussagen Floquets, Clémenceaus und Freycinets enthalten, und fügt zur
Ergänzung das Protokoll über die Vernehmung des Hrn. Charles de Lesseps
hinzu, soweit es dabei um die Intervention der drei Politiker sich handelte.
Durch diese Publikation — die natülich ohne einen groben Vertrauensbruch
nicht erfolgen konnte und die der „Figaro“ daher hoch zu bezahlen haben
wird, nicht nur dem, der das Material lieferte, sondern auch der Justiz, die
nicht verfehlen dürfte Hrn. Francis Magnard zur Verantwortung zu ziehen
— wird unwiderleglich festgestellt, daß im Sommer 1888 (darüber, ob es
vor oder nach dem Votum der Kammer über die Ausgabe von „obligations
à lot“ zur Wiederflottmachung des notleidenden Lesseps'schen Unternehmens
war, gehen die Aussagen auseinander) Clémenceau, Floquet und de Frey-
cinet in Charles de Lesseps Sohn drangen, alles zu thun, um den Ausbruch
eines Skandals zu vermeiden und zu diesem Zwecke den Forderungen des
Barons Reinach so weit als irgend möglich nachzugeben. Ueber die Neben-
umstände weichen die Angaben einigermaßen von einander ab, im wesent-
lichen aber stimmen sie darin überein, daß der Führer der äußersten Linken,
der damalige Konseilpräsident und der Kriegsminister mit dem jetzigen Se-
nator Ranc der Meinung waren, es müsse, angesichts der zu jener Zeit auf
ihrem Höhepunkte angelangten boulangistischen Bewegung, alles aufgeboten
werden, um den der Panamas-Gesellschaft drohenden Prozeß mit seinen kom-
promittierenden Enthüllungen unter allen Umständen zu vermeiden. Um
dies zu erreichen, sei kein Geldopfer zu groß. (Reinach forderte von der
Gesellschaft, die ihm schon bedeutende Summen zur Verfügung gestellt hatte,
weitere 10—12 Millionen Frcs.) Um zu bewirken, daß Hr. de Freycinet
seinen Einfluß bei Charles de Lesseps geltend machte, gingen Clémenceau
und Rant" eines Tages zum Kriegsminister und baten ihn, er möchte Lesseps
dringende Vorstellungen machen, und dies geschah denn auch. Hr. de Frey-
cinet sagte selbst aus, er habe Charles de Lesseps zu sich ins Kriegsministe-
rium bitten lassen und ihn vor dem Baron Reinach gewarnt, der angeb-
lich wegen rückständiger Forderungen einen Prozeß gegen die Panama-Ge-
sellschaft anhängig machen wolle. Bei dieser Gelegenheit erfuhr er, daß
Baron Reinach schon elf Millionen erhalten hatte und nun noch ebenso viel
forderte, angeblich um Cornelius Herz zu befriedigen. Den Ratschlägen der
leitenden Staatsmänner nachgebend, ließ Lesseps, trotz seiner anfänglichen
bestimmten Weigerung, die Gesellschaftskasse durch Reinach ferner brand-
schatzen zu lassen, diesem letzteren noch nahezu fünf Millionen auszahlen,
über deren Verwendung er nichts Genaues wußte. Auch sonst enthalten die
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