Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunter Jahrgang. 1893. (34)

246 Krankreich. (Dezember 4. II.) 
Waffen der Freiheit gebrauchten. Das Kabinett hoffe, sich die beständige 
Hilfe jener Majorität zu erhalten, welche entschlossen sei, mit ihm der 
gleichen Sache zu dienen. 
4. Dezember. Der Sozialist Pascal Grousset beantragt den 
Erlaß einer allgemeinen Amnestie. Der Minister des Innern, Raynal, 
verlangt sofortige Diskussion, welche von der Versammlung auch 
beschlossen wird. Nach einer längeren, lebhaften Debatte wird das 
Eingehen in die Beratung der einzelnen Artikel mit 257 gegen 226 
Stimmen abgelehnt. 
Die Majorität bestand aus 209 regierungsfreundlichen Republikanern 
und 48 Mitgliedern der Rechten. Die Minorität bildeten alle Sozialisten 
und Radikalen, 27 opportunistische Republikaner und 12 Mitglieder der 
Rechten. 
5. Dezember. Dupuy wird mit 251 Stimmen zum Kammer- 
präsidenten ernannt, wogegen Brisson mit 213 Stimmen durchfällt. 
9. Dezember. (Bombenattentat.) In der Deputierten- 
kammer wird von der öffentlichen Tribüne aus eine Dynamitbombe 
geworfen, der Attentäter ist der Anarchist Vaillant. Etwa 20 Depu- 
tierte werden verwundet, auch Zuhörer auf den Tribünen, im ganzen 
etwa 100 Personen. Der Präsident Dupuy läßt alle Ausgänge 
des Gebäudes schließen und erklärt dann, derartige Attentate könnten 
die Kammer nicht in Verwirrung bringen, und er ersuche dieselbe, 
mit Ruhe ihre Arbeiten fortzusetzen; wenn die Tagesordnung er- 
ledigt sein werde, werde das Büreau seine Pflicht thun. (Lebhafter 
Beifall.) 
Kundgebungen von auswärtigen Ländern wegen des Bomben- 
attentates vgl. OÖsterreich-Ungarn, Schweiz, Italien, England. 
11. Dezember. Der Ministerpräsident Périer bringt neue Gesetz- 
entwürfe zur Bekämpfung des Anarchismus bei der Kammer ein. 
die l Zunächst eine Aenderung des bestehenden Preßgesetzes von 1881, 
ie lautet: 
Artikel 24. Diejenigen, welche durch eines der in Art. 23 (des Preß- 
gesetzes) angegebenen Mittel direkt zu Diebstahl oder zu Mord, Raub und 
Brandstiftung oder zu einem in Art. 435 des Strafgesetzes angeführten 
Verbrechen oder zu einem der Verbrechen und Vergehen gegen die innere 
Sicherheit des Staats aufreizen, die in Art. 75—85 des Strafgesetzes vor- 
gesehen sind, werden, falls diese Aufreizung wirkungslos bleibt, zu Gefängnis 
bis zu fünfjähriger Dauer und zu 100 bis 3000 Frecs. Buße verurteilt. 
Diejenigen, welche durch dieselben Mittel direkt zu einem der Verbrechen 
gegen die innere Sicherheit des Staats, die in Art. 86—101 des Straf- 
gesetzes vorgesehen sind, aufreizen, unterliegen derselben Strafe. Desgleichen 
die, welche durch eines der in Art. 23 angeführten Mittel die Verbrechen 
des Mordes, des Raubs und der Brandstiftung oder die Vergehen gegen 
das Eigentum oder eines der in Art. 435 des Strasgesetzes angeführten 
Verbrechen verherrlichen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.