Bie Räwische Kurie. (April 25.—Oktober Ende.) 263
Sehenswürdigkeiten zu besichtigen, blieb Seine Majestät der Kaiser noch
etwa eine Stunde mit dem Papst allein zurück. Hierauf wurde das Ge-
folge Seiner Majestät in den Saal geleitet und von dem Kaiser dem Papst
vorgestellt, welcher dabei für jeden von den Herren ein verbindliches Wort
hatte. Alsdann verabschiedete sich Seine Majestät der Kaiser von Seiner
Heiligkeit. Beim Verlassen des gelben Saals wurde der Kaiser von dem
Papst, in völliger Abweichung von dem sonst üblichen Zeremoniell, durch
den Saal, das geheime Vorzimmer und bis zum Thronsaale geleitet, wo
die Verabschiedung erfolgte. Da der Kardinal-Staatssekretär Rampolla
unpäßlich war, unterblieb der Besuch Seiner Majestät bei demselben.
Ihre Majestät die Kaiserin besuchte inzwischen die Sixtinische Kapelle,
die Pinakothek, die Bibliothek, den Gobelinsaal, den Saal mit den geo-
graphischen Karten, die Loggien und die Basilika auf dem St. Peter-Platz.
Um 4 Uhr 40 Minuten verließen die Kaiserlichen Majestäten nach
dem gleichen Zeremoniell wie bei der Ankunft den Vatikan und begaben sich
gemeinsam in einem vierspännigen preußischen Hofwagen nach der preußischen
Gesandtschaft beim päpstlichen Stuhle zurück. Ihre Majestät die Kaiserin
fuhr von dort allein in einer italienischen Hofequipage nach dem Ouirinal,
Seine Majestät der Kaiser verließ die preußische Gesandtschaft um 6¾ Uhr
gleichfalls in einer italienischen Hofequipage.
25. April. Verleihung des Schwarzen Adlerordens an den
Kardinal Rampolla.
25. April. Der Papst empfängt den Staatssekretär des Aus-
wärtigen Marschall v. Bieberstein in einer Audienz von anderthalb
Stunden.
Ende April. Kaiser Wilhelm und Kardinal Ledochowski vgl.
Deutschland.
2. September. Enchklika des Papstes an den ungarischen
Episkopat. Die „Münch. Allg. Ztg.“ schreibt darüber:
„Die Encyklica, welche der Papst soeben an die ungarischen Bischöfe
erlassen hat, ist durchaus nicht von jenem Geist der Versöhnlichkeit erfüllt,
dessen Walten man von der Rückkehr des Kardinals Galimberti nach Rom
erhofft hatte. Der Papst drückt sich in sehr schroffer Weise über das Ver-
hältnis des Katholicismus zu anderen Konfessionen aus und warnt in ent-
schiedenen Ausdrücken die Bischöfe vor den neuen Bedrängnissen, welche die
ungarische Gesetzgebung der katholischen Kirche zu bereiten droht. „Wir
ermahnen Euch daher eifriger als je, daß Ihr keine Mühe scheut, die so
überaus große Gefahr von der Euch anvertrauten Herde fernzuhalten."“
Ausdrücklich wendet sich der Papst gegen diejenigen, welche, obgleich gute
Katholiken, doch „durch eine gewisse Art menschlicher Klugheit geleitet, nicht
entschieden genug vorgehen und dadurch die Einheit der katholischen Aktion
abschwächen"“ — Worte, die man wohl hauptsächlich auf den Erzbischof
Samassa von Erlau beziehen darf, welcher öfters seine von dem heftigen
Vorgehen des Primas abweichende Meinung kundgegeben hat.“
Große Aufregung verursacht in Ungarn ein Satz, der lautet:
„In dieser ebenso heiligen und gerechten Sache wird euch das Wohl-
wollen und die Beihilfe des Monarchen, eures apostolischen Königs nicht
fehlen.“
Ende Oktober. Der Papst läßt die französische Regierung
zu dem Gelingen der franko-russischen Festlichkeiten beglückwünschen.