XV.
Rußland.
13. Januar. (St. Petersburg.) Der Bericht des Finanz-
ministers Witte an den Kaiser betont die schwierige Lage des Lan-
des, die durch die Mißernte und die Cholera hervorgerufen sei;
jedoch sei eine sichtliche Besserung eingetreten; überhaupt sei ein
vollständiges Uberwinden der Krisis sicher zu erwarten.
Witte entwickelt ein Programm, welches namentlich darin besteht,
daß die Ausgaben des Staates für die Hebung der ökonomischen Lage, für
Handel, Industrie und Landwirtschaft nicht verkürzt werden dürfen, daher
werden die Ausgaben für Eisenbahn= und Hafenbauten und für Kultur-
Arbeiten des Domänen-Ministeriums erhöht. Die neuen Steuererhöhungen
betrügen 24½ Millionen Rubel und seien notwendig geworden, um die
durch den Notstand verkürzten Mittel der Reichsrentei zu ergänzen. Witte
betont entschieden die volle Friedensliebe Rußlands und erklärt, die Gold-
ansammlungen bezweckten keineswegs die Bildung eines Kriegsfonds. Die
Goldvorräte im Betrage von 600 Millionen Rubel, von denen 360 Millionen
zur Deckung des Kreditgeldes dienten, hätten den Zweck, die ausländischen
Börsenspekulationen zur Erniedrigung der russischen Noten und Fonds zu
bekämpfen. Die Regierung werde im Falle eines Bedürfnisses davon Ge-
brauch machen.
24.—28. Januar. Besuch des Großfürsten-Thronfolgers in
Berlin. Vgl. Deutschland.
10. Februar. Die Gesetzsammlung enthält den Kaiserlichen
Befehl zur Anderung der Namen der beiden Städte Dorpat und
Dünaburg in Jurjew bezw. Dwinsk.
Anfang März. Der Regierungsbote veröffentlicht eine amt-
liche Mitteilung, in welcher es heißt: Die kaiserliche Regierung habe
schon mehrmals Gelegenheit genommen, ihre Ansichten über die
Umwälzungen in Bulgarien und über die Prinzipien zu äußern,
von denen sich die Regierenden in Sofia leiten ließen, seitdem der
Prinz Ferdinand zur Macht gelangt sei. Nachdem diese Leiter der
Regierung nunmehr beabsichtigen, die Sobranje einzuberufen, um