306 Rerd-Amerika. (März 11. — Juni Ende.)
Entgegen dem Herkommen stand Präsident Cleveland barhäuptig.
Sobald der Eid geleistet war, kündigten Artilleriesalven das Geschehene an.
Beim Heimgange wurde der neue Präsident durch eine ungeheuere Zahl
von Truppen, Deputierten und Neugierigen geleitet.
11. März. Präsident Cleveland zieht die Botschaft seines
Vorgängers betreffend Hawaii zurück.
20. März. Zum Gesandten der Vereinigten Staaten beim
Deutschen Reiche wird Theodore Runyon ernannt.
1. Mai. (Chicago.) Eröffnung der Weltausstellung durch
den Präsidenten Cleveland mit folgender Ansprache:
„Ich befinde mich hier, um mich den dem freudigen Anlaß ent-
sprechenden Glückwünschen meiner Mitbürger anzuschließen. Umgeben von
den erstaunlichen Ergebnissen amerikanischer Unternehmungslust und Thätig-
keit und angesichts der großartigen Beweise amerikanischer Geschicklichkeit
und Intelligenz brauchen wir nicht zu befürchten, daß diese Glückwünsche
übertrieben erscheinen. Wir stehen heute vor den ältesten Nationen der
Welt, und indem wir auf die hier zur Schau gestellten Leistungen hin-
weisen, brauchen wir nicht um Nachsicht wegen unfrer Jugend zu bitten.
Der Enthusiasmus, mit welchem wir unser Werk betrachten, verstärkt die
Wärme des Willkommengrußes, welchen wir denjenigen entbieten, die aus
fernen Landen kommen, um mit uns Zeugnis abzulegen von dem Wachstum
und dem Fortschritt menschlicher Bestrebungen in der Richtung auf eine
höhere Zivilisation. Wir, die wir glauben, daß eine volkstümliche Erziehung
und Aneiferung die besten Antriebe für unsere Bürger sind, um die stolze,
nationale Aufgabe, an die wir glauben, durchzuführen — wir begrüßen
froh die Gelegenheit, bei welcher wir Ergebnisse sehen können, die auf dem
Felde des Fortschritts durch längere Anstrengungen als die unfrigen erreicht
worden sind, während wir dagegen die von einem Fortschritte ohne Gleichen
zeugenden bewundernswerten Thaten einer jungen Nation und die Triumphe
eines kräftigen, selbstbewußten und unabhängigen Volkes der Welt vor
Augen führen. Wir haben diese glänzenden Gebäude hingestellt, aber wir
haben auch den prächtigen Bau einer Volksregierung errichtet, deren große
Verhältnisse in der ganzen Welt beachtet werden. Es ist eine erhabene
Aufgabe, an welcher wir und unsere Gäste arbeiten. Indem wir gemeinsam
zur Eröffnung einer der menschlichen Erleuchtung gewidmeten Unternehmung
schreiten und in dieselbe eintreten, geben wir in der edelsten Weise ein
Beispiel der Brüderlichkeit der Nationen. Lassen Sie uns festhalten an der
dieser Zeremonie zu Grunde liegenden Bedeutung, lassen Sie uns nicht den
Eindruck dieses Augenblicks vergessen! Wie durch einen Druck die Ma-
schinerie, welche dieser ausgedehnten Ausstellung Leben gibt, in Bewegung
gesetzt wird, so mögen zugleich unsere Hoffnungen und Bestrebungen Kräfte
erwecken, welche für alle Zeiten das Wohlergehen, die Würde und Freiheit
der Menschheit beeinflussen sollen.“
Ende Juni. Der Gouverneur Altgeld begnadigt die Chicagoer
Anarchisten Fielden, Neebe und Schwab.
Der Erlaß des Gouverneurs wird an demselben Tage veröffentlicht,
an dem auf dem Waldheim-Friedhof, neun Meilen westlich von Chicago,
das Denkmal enthüllt wurde, das den dort begrabenen hingerichteten Anar-
chisten Spieß, Parsens, Engel und Fischer errichtet worden ist. Große Vor-
bereitungen waren für diese Enthüllung getroffen worden, bekannte An-