366 Nebersicht der pelitischen Entwichelung des Jahres 1893.
Konstruktion, über die eine zeitlang viel gesprochen wurde, ist auf-
gegeben worden.
Erfolgreich und bedeutsam erwies sich die vlämische Bewegung,
die nicht nur der Muttersprache die Gleichberechtigung sichern, son-
dern auch nationale Gesinnung erstreben und der Liebedienerei gegen
Frankreich ein Ziel setzen wollte. Auf zahlreichen Landtagen traten
die Vlamländer für ihre Rechte ein und fanden bei der Regierung,
wie bei den Radikalen willig Gehör. Zum ersten Male trat in
Brüssel das „vlämische Volksparlament“ zusammen und gab den
Wünschen des vlämischen Volkes gewichtigen Ausdruck. Durch das
Auftreten der Vlamländer wurde die bisherige Begeisterung belgi-
scher Kreise für die französische Republik um so mehr abgekühlt, als
Frankreich selbst durch seine Zollpolitik, durch die schmähliche Be-
handlung belgischer Arbeiter auf französischem Boden, durch sein
feindseliges Verhalten gegen Antwerpen und gegen den Kongostaat
die Sympathie breitester Kreise Belgiens eingebüßt hatte. Das Auf-
treten Frankreichs in Afrika verletzte in Belgien um so tiefer, als
auf Grund der neuen Verfassung Belgien in die Reihe der Kolonial-
staaten eintrat und den Kongostaat als belgische Kolonie einver-
leiben durfte.
Das Jahr war für das afrikanische Unternehmen epoche-
machend. Eine Nilexpedition wetzte im Jahre 1892 erlittene
Scharten aus, befestigte sich am Nilufer und unterwarf die weiten
Gebiete zwischen dem Ubangi und dem Nil der Herrschaft des Kongo-
staates. Zu gleicher Zeit wurden die Araber aus den Gebieten der
Fälle und des Oberkongo vertrieben und Manyema samt den Haupt-
städten Nyangwe und Kassongo erobert; das ganze Arabergebiet
wurde dem Kongostaate einverleibt. Dabei konnte das traurige
Schicksal Emin Paschas klargestellt und sein Nachlaß gerettet, wie
seine Ermordung durch die Hinrichtung seiner Mörder gefühnt werden.
Infolge dieser glänzenden Waffenthaten war der Weg nach dem
Tanganyikasee frei; kongostaatliche Truppen marschierten nach diesem
See, um sich dort mit den Antisklavereitruppen zu verbinden und
an den Ufern des Tanganyika wie in den Gebieten im Süden des
Banguelo die Autorität des Kongostaates herzustellen. Doch fehlt
es am afrikanischen Horizonte auch nicht an schwarzen Punkten.