Mebersicht der polltischen Gutwickelung des Jahres 1893. 369
und 50 Konservative und Gemäßigte ins Storthing kamen. Die
Hauptpunkte in dem radikalen Wahlprogramm von 1891, eigenes
Konsulatswesen und ein eigener Minister des Auswärtigen, konnten
daher der Verwirklichung entgegengeführt werden. Zuerst strebte
man das eigene Konsulatswesen an, der eigene Minister des Aus-
wärtigen war dann die natürliche Folge. Das Konsulatswesen will
man im Norwegischen als eine Angelegenheit betrachten, die vorerst
nur dieses Land angehe und über die es eigenmächtig beschließen
könne. Da bis jetzt das Konsulatswesen für beide Reiche gemein-
sam ist, war Schweden der Ansicht, daß es bei einer Anderung der
bestehenden Ordnung gleichfalls ein Wort mitzureden habe, und
daß diese Angelegenheit, weil sie beide Reiche angehe, in dem soge-
nannten zusammengesetzten schwedisch-norwegischen Staatsrat zu ver-
handeln sei. Das zu Anfang 1892 zusammentretende Storthing
nahm aber bald nach Beginn der Session eine Tagesordnung an,
worin es betonte, daß die Frage, ob Norwegen ein eigenes Konfu-
latswesen errichten solle, eine ausschließlich norwegische Frage sei,
deren Entscheidung nur den norwegischen Staatsbehörden zustehe,
während die dann folgende Abwicklung des bisherigen Verhält-
nisses Gegenstand der Verhandlung mit Schweden sein könne.
Diese Tagesordnung wurde mit 64 gegen 48 Stimmen am 1. März
gefaßt, und am 10. Juni desselben Jahres bewilligte das Storthing
50,000 Kronen zu vorbereitenden Schritten für die Durchführung
eines von der Abteilung des Innern vorgelegten Planes über ein
eigenes norwegisches Konsulatswesen. Diesem Beschluß verweigerte
der König seine Genehmigung, worauf das Ministerium Steen seine
Entlassung einreichte. Die langandauernde Ministerkrise, während
deren auch das Storthing seine Sitzungen einstellte, fand endlich
durch einen Ausgleich ihren Abschluß. Das Ministerium blieb, die
Konsulatssache wurde bis auf weiteres vertagt.
Im Januar 1893 erfolgte inzwischen an amtlicher Stelle in
Stockholm eine Außerung in der Konsulatsangelegenheit. Der
Minister des Äußern, Lewenhaupt, erklärte bei einer Sitzung im
zusammengesetzten Staatsrat, daß die Konsultatsgemeinsamkeit nicht
einseitig von Norwegen aufgelöst werden könne, daß die Konsulats-
frage nicht von der die Leitung der auswärtigen Angelegenheiten
Europ. Geschichtskalender. Bd. XXXIV. 24