370 Mebersict der pvolltischen Entwichelung des Jahres 1893.
betreffenden Frage zu trennen und daß gemeinsame Diplomatie eine
Lebensbedingung für die Union sei. Zur Lösung der Streitfrage
hielt er die Schaffung eines für beide Reiche gemeinsamen Ministers
für die auswärtigen Angelegenheiten, der Schwede oder Norweger
sein könne, für geeignet. Während die norwegischen Konservativen
diese von Lewenhaupt angedeutete Lösung mit Genugthuung be-
grüßten, wies die norwegische Linke das schwedische „Angebot“ mit
Hohn zurück.
Inzwischen war wiederum das Storthing zusammengetreten,
in welchem der Kampf alsbald von neuem aufgenommen wurde.
Am 17. März wurde die von dem Radikalen Lövland einge-
brachte Tagesordnung angenommen, die den Storthingsbeschluß vom
10. Juni des vorhergehenden Jahres in schärferer Betonung er-
neuerte, daß nämlich das Konsulatswesen ausschließlich von den
norwegischen Staatsbehörden und ohne Zusammenhang mit den
andern vom Minister Lewenhaupt betonten Fragen zu regeln sei.
Hierauf erteilte der in Stockholm versammelte schwedische Reichstag
eine Antwort, indem er am 12. April bei der Etatsberatung seiner
Meinung Ausdruck gab, daß die Fragen über Leitung der aus-
wärtigen Angelegenheiten und Konsulatswesen zusammengehörten
und eine Reform des letztern nicht notwendig eine Aufhebung der
Gemeinsamkeit in sich schließe. Gleichzeitig wurde die Erwartung
ausgesprochen, daß der schwedische Reichstag in der Sache gehört
würde, bevor in Norwegen ein endgültiger Beschluß gefaßt werde.
Selbstverständlich konnte der König den oben erwähnten Storthings-
beschluß vom 17. März gleichfalls nicht genehmigen, und nachdem
Minister Steen am 22. April eine Audienz beim König gehabt
hatte, um dessen Standpunkt in der Konsulatssache zu erfahren,
reichte das Kabinett Steen wiederum seine Entlassung ein. Schneller,
als die Radikalen erwartet hatten, am 2. Mai, war das konser-
vative Ministerium Stang gebildet, das „Ministerium der Minder-
heit“". Stang nahm im Storthing einen sehr versöhnlichen Stand-
punkt ein und wünschte die Entscheidung über die Konsulatssache
bis nach den Neuwahlen, die in diesem Sommer vor sich gehen,
aufgeschoben zu sehen. Die Radikalen hatte indessen die unerwartete
Wendung der Dinge in leidenschaftliche Erregung versetzt, und sie