Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Mai 2.—3). 33
richtet, daß in den vorgelegten Aktenstücken nichts Belastendes ge-
funden sei. Das Haus genehmigt diesen Beschluß einstimmig.
2. Mai. (Berlin.) Das Herrenhaus nimmt das Wahl-
gesetz nach den Vorschlägen seiner Kommission an, wonach gegen-
über den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses die Steuergrenze von
2000 Mark gestrichen ist, und ferner die Zwölftelung der Wähler-
abteilungen beseitigt wird.
3. Mai. (Reichstag.) Zweite Beratung der Militär-
Vorlage.
Neben der Regierungsvorlage liegen folgende Anträge vor.
Antrag 1. Richter: Die Friedenspräsenzstärke wie bisher auf 468,983
Mann festzustellen, aber die zweijährige Dienstzeit für die Fußtruppen unter
Aenderung des Artikels 59 der Verfassung einzuführen.
2. Ein Antrag des Grafen Preysing (Antrag Lieber) will die
Friedenspräsenzstärke auf 420,031 Mann (ohne Unteroffiziere) feststellen.
3. Der Antrag Huene:
Artikel I.
§ 1. Die Friedenspräsenzstärke des deutschen Heeres an Gemeinen,
Gefreiten und Obergefreiten wird für die Zeit vom 1. Oktober 1893 bis
31. März 1899 auf 479,229 Mann als Jahresdurchschnittsstärke festgestellt.
An derselben sind die Bundesstaaten mit eigener Militärverwaltung
nach Maßgabe der Bevölkerungsziffer beteiligt. Die Einjährig-Freiwilligen
kommen auf die Friedenspräsenzstärke nicht in Anrechnung. Die Stellen
der Unteroffiziere unterliegen in gleicher Weise wie die der Offiziere, Aerzte
und Beamten der Feststellung durch den Reichshaushaltsetat. In offenen
Unteroffizierstellen dürfen Gemeine nicht verpflegt werden.
§ 2. Vom 1. Oktober 1893 ab werden
die Infanterie in 538 Bataillone und 173 Halbbataillone,
die Kavallerie in 465 Eskadrons,
die Feldartillerie in 494 Batterien,
die Fußartillerie in 37 Bataillone,
die Pioniere in 24 Bataillone,
die Eisenbahntruppen in 7 Bataillone,
der Train in 21 Bataillone
Artikel II.
Für die Zeit vom 1. Oktober 1893 bis zum 31. März 1899 treten
bezüglich der aktiven Dienstpflicht folgende Bestimmungen in Kraft:
§ 1. Während der Dauer der aktiven Dienstpflicht sind die Mann-
schaften der Kavallerie und der reitenden Feldartillerie die ersten drei, alle
übrigen Mannschaften die ersten zwei Jahre zum ununterbrochenen Dienst
bei der Fahne verpflichtet. Im Falle notwendiger Verstärkungen können
auf Anordnung des Kaisers die nach der Bestimmung des ersten Absatzes
zu entlassenden Mannschaften im aktiven Dienst zurückbehalten werden. Eine
solche Zurückbehaltung zählt für eine Uebung, in sinngemäßer Anwendung
des letzten Absatzes des § 6 des Gesetzes, betreffend die Verpflichtung zum
Kriegsdienst, vom 9. November 1867 (Bundes-Gesetzbl. 1867 S. 131).
§ 2. Mannschaften, welche nach einer zweijährigen Dienstzeit ent-
lassen worden find (§ 1), kann im ersten Jahre nach ihrer Entlassung die
Erlaubnis zur Auswanderung auch in der Zeit, in welcher sie zum aktiven
Europ. Geschichtskalender. Bd. XXXIV. 3
formiert.