62 Jaos Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Mai 12.—13.)
dern, für Beschränkung des Börsenspiels mit den wichtigsten Nahrungs-
mitteln, für internationale Regelung der Währungsfrage, für Einführung
des Befähigungsnachweises und obligatorischer Handwerkerinnungen. Be-
schränkung des Hausierhandels, Einschränkung der Militärhandwerkerstuben
und der Zuchthausarbeit; 3) Eintreten für Verminderung der drückenden
Militärlasten durch Einführung zweijähriger Dienstzeit, Schonung der äl-
teren Landwehrmänner im Kriegsfalle, Heranziehung der Wohlhabenden,
vom aktiven Dienst Befreiten, zu einer entsprechenden Wehrsteuer; 4) Sicher-
stellung des Friedens durch die Erhaltung einer für die Verteidigung unfrer
Grenzen und den Schutz unfres Vaterlandes hinreichend starken Armee.
Deshalb erwarten wir von unsern Abgeordneten, daß sie als freie Männer,
entsprechend den altbewährten Grundsätzen der Zentrumspartei, sich nicht
durch Versprechen vor der Wahl binden und binden lassen, sondern sich
die freie Entscheidung darüber vorbehalten, was sie im Interesse des wahren
Wohls des Vaterlandes für gut und zutreffend erachten."“
12. Mai. Fürst Georg Viktor zu Waldeck und Pyrmont
in Marienbad f.
13. Mai. Graf Caprivi sendet der „Kreuz-Zeitung" fol-
gende Berichtigung:
Die „Neue Preußische Zeitung“ enthält in der Nr. 220 v. 12. d. Mts.
unter der Ueberschrift „Deutschland“ einen von Berlin, den 12. Mai, da-
tierten Artikel, in dem sich folgende, aus anderen Zeitungen übernommene
Mitteilung findet:
„Man hofft bis Montag die dissentierenden Freisinnigen zu bewegen,
daß sie sich mit diesem (Vorschlag Carolath) begnügten. Sie hatten außer:.
dem, was hier bemerkt sein mag, längst vom Grafen Caprivi gewisse Zu-
sicherungen über den Gang der allgemeinen Politik und über die Steuern
erhalten, durch welche in der nächsten Session die Kosten für die Militär-
vorlage gedeckt werden sollten.“
Die in dieser Mitteilung enthaltene Bemerkung über von mir erteilte
Zusicherungen entbehrt jeder thatsächlichen Begründung.
13. Mai. Der „Vorwärts“ veröffentlicht folgendes Schreiben
des Regenten von Braunschweig, Prinzen Albrecht, als
dessen Adressat später der neu ernannte kommandierende General
des Garde-Korps, v. Winterfeld, in dessen Hände jedoch das Schreiben
nie gelangt ist, bekannt wird.
Blankenburg, 9. Mai 1893. Euer Exzellenz sind sehr beschäftigt,
und ich fühle die Unbescheidenheit meines Schrittes, Ihnen in diesen Tagen
zu schreiben. Die Sache, die ich erwähnen möchte, ist doch aber von solcher
Wichtigkeit, daß ich sie nicht verschieben kann, bis ich vielleicht die Ehre
habe, Sie hier zu sehen und duldet auch keinen Aufschub.
Einen Entschluß, ob überhaupt und wie sie zu behandeln, will ich
aber nicht fassen ohne Euer Exzellenz davon in Kenntnis gesetzt zu haben
und mir Ihren Rat erbeten zu haben. — Kammerherr von Witzleben,
Klosterpropst zu Roßleben, bat mich gestern, es zu übernehmen, dahin zu
wirken, daß bei der Enthüllung des Monumentes des Kaisers, meines Herrn
Onkels in Görlitz — dem, wenn ich recht verstanden im Getreibe der Gra-
tulation bei mir, die Standbilder Bismarcks und Moltkes zur Seite gestellt
worden, — der Fürst Bismarck eingeladen werden könne. Es sei der Ver-
such gemacht die Erlaubnis zu erlangen den Fürsten zu laden, dieselbe ab-