80 Vas Dentsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Juli 4.)
Steuergesetzentwürfen! in Vorschlag gebracht war, so bildet doch die Deckungs-
frage den Gegenstand fortgesetzter Erwägungen. Ich gebe Mich der Er-
wartung hin, daß Ihnen beim Beginn der nächsten Wintersession Vorlagen
zugehen werden, in welchen der Grundsatz, daß die Bereitstellung jener
Mittel nach Maßgabe der Leistungsfähigkeit und unter thunlichster Schonung
der Steuerkraft erfolgen muß, noch vollständiger als in jenen Vorlagen
zum Ausdruck gelangt. Bis zum Ablauf des gegenwärtigen Etatsjahres
werden für die Deckung des Mehrbedarfs die Matrikularbeiträge heranzu-
ziehen sein.
Geehrte Herren!
Unter schweren Opfern ist es gelungen, die deutschen Stämme durch
ein festes Band zu einigen. Die Nation ehrt Diejenigen, welche für dieses
Werk Gut und Blut eingesetzt und das Vaterland einem politischen und
wirtschaftlichen Aufschwung zugeführt haben, welcher, wie er den Zeitgenossen
zum Stolz und zur Freude gereicht, den nachkommenden Geschlechtern, wenn
sie im Geist der Väter weiter bauen, des Reiches Größe und Glück ver-
bürgt. Die glorreichen Errungenschaften zu wahren, mit denen Gott uns
in dem Kampfe um unsere Unabhängigkeit gesegnet hat, ist unsere heiligste
Pflicht. Solcher Pflicht gegen das Vaterland werden wir aber nur dann
genügen, wenn wir uns stark und wehrhaft genug machen, um ein zuver-
lässiger Bürge des europäischen Friedens bleiben zu können. Ich vertraue,
daß Mir und Meinen hohen Verbündeten Ihre patriotische und opferbereite
Unterstützung bei der Verfolgung dieses Ziels nicht fehlen wird!
Der Kaiser fügt der vorstehenden Thronrede, welche bei den
letzten Sätzen mit wiederholtem Beifall begleitet wurde, noch fol-
gende Worte hinzu:
„Nun, meine Herren, gehen Sie hinaus; der alte Gott sehe auf Sie
herab, er verleihe Ihnen seinen Segen zum Zustandekommen eines ehrlichen
Werkes zum Wohle unseres Vaterlandes. Amen!“
Die Schlußworte werden in dem vom Reichstagsbureau heraus-
gegebenen Bericht in folgender Form wiedergegeben:
„Und nun, meine Herren, gehen Sie hin; unser alter Gott sehe auf
Sie herab und leihe Ihnen seinen Segen zum Zustandebringe eines ehr-
lichen Werkes zum Wohl unseres Vaterlandes!“
Die Militärvorlage hat folgenden Wortlaut:
Artikel I. Die Friedenspräsenzstärke des deutschen Heeres an Ge-
meinen, Gefreiten und Obergefreiten wird für die Zeit vom 1. Oktober 1893
bis 31. März 1899 auf 479,229 Mann festgestellt. An derselben sind die
Bundesstaaten mit eigener Militärverwaltung nach Maßgabe der Bevöl-
kerungsziffer beteiligt. Die Einjährig-Freiwilligen kommen auf die Frie-
denspräsenzstärke nicht in Anrechnung. Die Stellen der Unteroffiziere unter-
liegen in gleicher Weise wie die der Offiziere, Aerzte und Beamten der
Feststellung durch den Reichshaushaltsetat. In offenen Unteroffizierstellen
dürfen Gemeine nicht verpflegt werden.
§ 2. Vom 1. Oktober 1893 ab werden die Infanterie in 538 Ba-
taillone und 173 Halbbataillone, die Kavallerie in 465 Eskadrons, die Feld-
artillerie in 494 Batterien, die Fußartillerie in 37 Bataillone, die Pioniere
in 23 Bataillone, die Eisenbahntruppen in 7 Bataillone, der Train in 21
Bataillone formiert.
Artikel II. Für die Zeit vom 1. Oktober 1893 bis zum 31. März
1899 treten bezüglich der Dienstpflicht folgende Bestimmungen in Kraft: