Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (April 24.—25.) 115
eine Deputation der Städte Köln, Lauenburg a. d. Elbe und Wölln,
sowie eine Abordnung des plattdeutschen Vereins in Braun-
schweig.
24. April. (Württemberg.) Finanzlage.
Der den württembergischen Ständen am 1. Februar vorgelegte
Staatshaushalt 1895/97 schloß mit einem Defizit von 5 822 000 M Durch
die inzwischen beschlossenen Aenderungen im Reichshaushalt werden nun
jährlich rund 990 000 M durch weitere Herabsetzung der Naturalienpreise
jährlich 90 000 M durch höhere Veranschlagung der Gewerbesteuer jährlich
128 700 M gewonnen, macht zusammen für beide Jahre eine Verbesserung
des Etats um rund 2376 000 M Durch Verlangsamung in der Tilgung
zweier älterer Staatsanlehen, bewirkt durch Heimzahlung dieser und Auf-
nahme einer neuen Schuld vom gleichen Betrage sollen weitere 1720 200 M
eingebracht werden. Was den verbleibenden Rest des Defizits, rund 1670000 M
anbelangt, so hält der Minister an der Erwartung fest, es werden sich im
Laufe der Finanzperiode 1895/97 neue Einnahmequellen für das Reich
erhffnen lassen und es werde damit auch Württemberg eine Entlastung zu
eil werden.
25. April. (Reichstag.) Die Umsturzvorlage wird von
der Kommission in folgender Fassung veröffentlicht:
Artikel I.
In dem Strafgesetzbuch werden die §§ 111, 112, 126, 130, 131,
166, 184 durch nachstehende unter den gleichen Zahlen aufgeführte Bestim-
mungen ersetzt, die folgenden neuen §§ 49b, 129 a, 184 a eingestellt und
wird der § 130 a aufgehoben.
§ 49b (Neu).
Haben Mehrere die Ausführung eines Verbrechens verabredet, ohne
daß der verbrecherische Entschluß durch Handlungen, welche einen Anfang
der Ausführung des Verbrechens enthalten, bethätigt worden ist, so werden
sie, wenn das Verbrechen mit dem Tode oder mit lebenslänglicher Zucht-
hausstrafe bedroht ist, mit Gefängnis nicht unter drei Monaten, wenn das
Verbrechen mit einer geringeren Strafe bedroht ist, mit Gefängnis bis zu
zwei Jahren oder mit Festungshaft von gleicher Dauer bestraft. Neben
der Gefängnisstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte und auf
Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden. Der Thäter bleibt straflos,
wenn er zu einer Zeit, zu welcher seine Teilnahme noch nicht entdeckt war,
die Ausführung des Verbrechens verhindert.
§ 111.
Wer auf die im § 110 bezeichnete Weise zur Begehung einer straf-
baren Handlung auffordert, ist gleich dem Anstifter zu bestrafen, wenn die
Aufforderung die strafbare Handlung oder einen strafbaren Versuch der-
selben zur Folge gehabt hat. -Ist die Aufforderung ohne Erfolg geblieben,
so tritt Geldstrafe bis zu sechshundert Mark oder Gefängnisstrafe bis zu
Einem Jahre und, sofern es sich um die Aufforderung zu einem Verbrechen
handelt, Gefängnisstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bis zu zwei-
tausend Mark ein. Gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher auf die im
§ 110 bezeichnete Weise zu einem Verbrechen, zum Ehebruch oder zu einem
der in den §§ 115, 124, 125, 166, 167, 240, 242, 305, 317, 321 vorge-
sehenen Vergehen dadurch anreizt, daß er eine solche Handlung anpreist
oder rechtfertigt. Die Strafe darf der Art oder dem Maße nach keine
schwerere sein als die auf die Handlung selbst angedrohte.
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